– von Andreas Rinke
Berlin (Reuters) – Einen Tag vor der Ministerpräsidentenkonferenz feilen Bund und Länder an einem neuen Corona-Maßnahmenpaket.
Angesichts der anhaltend hohen Infektionszahlen sollen am Donnerstag weitreichende Entscheidungen wie eine 2G-Vorschrift im Handel und der Einstieg in eine allgemeine Impfpflicht beschlossen werden. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) forderte neben erheblichen Einschränkungen für Ungeimpfte auch, dass der Bund die rechtliche Grundlage für Kontaktbeschränkungen für Geimpfte schaffen müssen. Das Robert-Koch-Institut meldete am Mittwoch zwar eine verlangsamte Ausbreitung des Coronavirus, aber einen anwachsenden Trend bei Corona-Toten. Der Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi), Gernot Marx, rechnete mit etwa 6000 Corona-Intensivpatienten bis Weihnachten – das würde über dem bisherigen Höchstwert von 5745 am 3. Januar 2021 liegen.
Die geschäftsführende Kanzlerin Angela Merkel, ihr designierte Nachfolger Olaf Scholz (SPD) und die 16 Ministerpräsidenten hatten sich am Dienstag darauf verständigt, dass weitreichende Maßnahmen kommen müssen, um die Pandemie zu stoppen und eine Überlastung des Gesundheitssystems zu vermeiden. Der SPD-Politiker sagte am Dienstagabend, es sei bereits sicher, dass Ungeimpfte künftig bis auf den Bereich des täglichen Bedarfs vom Einzelhandel ausgeschlossen werden sollen. Außerdem kündigte er an, dass eine allgemeine Impfpflicht bis Ende Februar eingeführt werden soll. Er persönlich werde dafür stimmen, sagte Scholz. Auch die unions- und grün-geführten Bundesländer hatten sich für eine allgemeine Impfpflicht ausgesprochen.
Kinder sollen schneller als bislang geplant eine Impfung erhalten. Deutschland und die anderen EU-Länder werden den Covid-19-Kinderimpfstoff von BioNTech/Pfizer bereits am 13. Dezember erhalten und damit eine Woche früher als vorgesehen. Der Liefertermin für den Impfstoff für die Fünf- bis Elfjährigen gelte für alle EU-Länder, erklärte das Bundesgesundheitsministerium am Mittwoch auf Anfrage. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst kündigte an, Kindern von fünf bis zwölf so schnell wie möglich ein Impfangebot zu machen
ZAHL DER CORONA-TOTEN UND -INTENSIVPATIENTEN STEIGT
Das RKI meldete 67.186 Neuinfektionen. Das sind 302 Fälle mehr als am Mittwoch vor einer Woche. Die Sieben-Tage-Inzidenz sank dennoch auf 442,9 von 452,2 am Vortag. Der Wert gibt an, wie viele Menschen je 100.000 Einwohner sich in den vergangenen sieben Tagen mit dem Coronavirus angesteckt haben. Einen deutlichen Anstieg gab es bei der Zahl der Corona-Toten: 446 weitere Menschen starben im Zusammenhang mit dem Virus, am Auch die Zahl der Corona-Intensivpatienten in Krankenhäusern stieg am Mittwoch weiter auf 4668.
Divi-Präsident Marx warnte, auf den Intensivstationen stünden 4000 Betten weniger zur Verfügung als vor einem Jahr. “Die Lage wird wirklich zunehmend enger”, sagte er im ZDF. Marx forderte von den Ampel-Parteien deshalb die Wiedereinführung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite. Auch ein zeitlich begrenzter Lockdown oder eine bundesweite Notbremse könnten helfen. “Wir müssen die Kliniken vor dem Kollaps bewahren.”
In immer mehr Ländern werden unterdessen Infektionen mit der wahrscheinlich ansteckenderen Virus-Variante Omikron registriert. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen forderte eine schnelle Reaktion auf die neue Corona-Variante. “Wir wissen aus unserer Erfahrung mit der Delta-Variante, dass es ein Wettlauf gegen die Zeit ist”, sagte sie.
Das Impftempo in Deutschland nimmt trotz lokaler Klagen über fehlenden Impfstoff weiter zu. Am Dienstag wurden nach RKI-Angaben 807.319 Menschen geimpft, eine Woche zuvor waren es noch 693.000 gewesen. 90.729 Menschen ließen sich erstmals impfen, 59.847 ein zweites Mal. 656,743 Personen erhielten eine Auffrischungsimpfung.