Genf/Brüssel (Reuters) – Die Vereinten Nationen (UN) und die EU haben die Haftstrafe für Myanmars gestürzte De-fakto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi scharf kritisiert.
Die UN-Menschenrechtsbeauftragte Michelle Bachelet sprach von einem Scheinverfahren in Geheimverhandlungen und forderte die Militärmachthaber in dem südostasiatischen Land zur sofortigen Freilassung der 76-jährigen Friedensnobelpreisträgerin auf. Die Junta wolle über die Gerichte die Opposition ausschalten, Suu Kyis Verurteilung sei rein politisch motiviert. Damit werde aber nur eine weitere Tür für den Dialog zugeschlagen und die Ablehnung der Putschisten geschürt. Auch der EU-Außenbeauftragten Josep Borrell sprach von einem politisch motivierten Verfahren. Suu Kyi war laut Prozessbeobachtern wegen Anstiftung zum Widerstand und Verstößen gegen Corona-Auflagen zu vier Jahren Haft verurteilt worden.
Bachelet erklärte, die Armee in Myanmar habe seit dem Putsch Anfang Februar mehr als 10.000 Gegner festgenommen. Mindestens 175 Personen, darunter viele Mitglieder von Suu Kyis Partei NLD, seien Berichten zufolge in Haft gestorben – “sehr wahrscheinlich durch Misshandlung und Folter”. Alle ungerechtfertigt Inhaftierten müssten umgehend freigelassen werden, so Bachelet.
Borrell sagte, die EU verurteile den Richterspruch gegen Suu Kyi scharf. Das Gerichtsverfahren diene eindeutig dazu, demokratisch gewählte Politiker aus ihren Ämtern zu drängen. Mit Suu Kyi wurde auch der entmachtete Präsident Win Myint zu ebenfalls vier Jahren Gefängnis verurteilt. Borrell forderte die Junta in Myanmar auf, alle politischen Gefangenen und seit dem Putsch willkürlich festgenommene Personen müssten umgehend und bedingungslos freigelassen werden.
Ein Vertreter der entmachteten Staatsführung um Suu Kyi forderte neue Sanktionen gegen die Herrscher in Myanmar. “Die brutale Militärjunta hat heute bestätigt, dass sie meint, über dem Gesetz zu stehen”, erklärte ein Sprecher der Schattenregierung in einer E-Mail. Die internationale Gemeinschaft müsse deshalb weitere Sanktionen gegen das Militär, die ihm gehörenden Unternehmen und zuarbeitenden Personen erlassen.