Lindner wertet Nachtragsetat als solides Wirtschaften

Berlin (Reuters) – Die neue Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP verlagert mit einem Nachtragshaushalt ungenutzte Kredite über 60 Milliarden Euro auf die kommenden Jahre, um sich für Investitionen etwa in Klimaschutz und Transformation Spielraum zu verschaffen.

Das Kabinett brachte in seiner zweiten Sitzung unter Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Montag eine entsprechende Vorlage von Finanzminister Christian Lindner auf den Weg. “Das ist ein Signal unserer Handlungsfähigkeit und es ist Ausdruck von Gestaltungswillen”, sagte der FDP-Politiker. Die Zuführung an den Klima- und Transformationsfonds sei “auch Ausdruck von solidem Wirtschaften, weil wir keine zusätzliche Verschuldung organisieren”. Man bewege sich vielmehr im Rahmen dessen, was der Bundestag bereits beschlossen habe. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) forderte die Ampel-Koalition indes auf, die solide deutsche Finanzpolitik nicht aufzugeben: “Schattenhaushalte sind Grund zur Sorge.”

Der von manchen Experten als rechtlich fragwürdig eingestufte Haushaltskniff wird dadurch möglich, dass die für 2021 geplante Rekord-Neuverschuldung von bis zu 240 Milliarden Euro bei weitem nicht benötigt wird, um Kosten der Corona-Krise zu decken. Mit den 60 Milliarden Euro für den Energie- und Klimafonds, der künftig Klima- und Transformationsfonds (KTF) heißen soll, verschafft sich die Ampel-Koalition eine zusätzliche Rücklage für Investitionen, deren Finanzierung in den Koalitionsverhandlungen weitgehend offengeblieben war.

Zur Begründung zieht die Koalition die Corona-Pandemie heran. Viele Investitionen seien als Folge der Pandemie gar nicht oder nicht im geplanten Umfang getätigt worden, heißt es in der Reuters vorliegenden Kabinettsvorlage. “Öffentliche Investitionen und die Förderung privater Investitionen, die die notwendige Transformation zu einer klimaneutralen Volkswirtschaft befördern”, leisteten einen “wesentlichen Beitrag” zur Linderung der Pandemie-Folgen.

VERSCHULDUNGSGRENZE WIRD UM 207 MRD EURO ÜBERSCHRITTEN

“Wir sichern 60 Milliarden Euro zusätzliche Investitionen in die Zukunft und in die Gestaltung einer klimaneutralen Technologie”, sagte Lindner. Ein Bestandteil werde auch sein, den Weg in die Wasserstoff-Wirtschaft zu ebnen. Ein weiterer Bereich werde sein, bei den Stromkosten mehr Wettbewerbsfähigkeit zu erreichen. Mit der jetzigen Zuweisung werde der Fonds mit 76,2 Milliarden Euro gefüllt sein. Weitere Zuführungen werde es in den nächsten Jahren über die normale Haushaltsführung geben.

Die für 2021 geplante Nettoneuverschuldung soll laut Kabinettsvorlage mit 240,2 Milliarden Euro unverändert bleiben. Dennoch müsse der Bundestag den Beschluss zur Aussetzung der Schuldenbremse für 2021 erneuern. Insgesamt werde 2021 die zulässige Kreditobergrenze um rund 207 Milliarden Euro überschritten. Lindner äußerte allerdings die Hoffnung, dass im weiteren Haushaltsvollzug nochmals weniger Kredite aufgenommen werden müssten.

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