Forscher – Wirtschaft bleibt 2022 im Bann von Corona und Inflation

Berlin (Reuters) – Die neue Corona-Variante Omikron bremst die deutsche Wirtschaft im Winter aus und trübt die Aussichten für 2022 deutlich ein.

“Angesichts des aktuellen Pandemiegeschehens haben die konjunkturellen Risiken zuletzt wieder zugenommen”, warnte das Bundeswirtschaftsministerium am Dienstag. Laut Prognose des Münchner Ifo-Instituts wird das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im laufenden Quartal um 0,5 Prozent schrumpfen und nach dem Jahreswechsel nur stagnieren. Als Bremsklotz erweisen sich demnach neben der vierten Coronawelle, die insbesondere Handel und Gastronomie zu spüren bekommen, auch die anhaltenden Lieferengpässe in der Industrie.

Das BIP dürfte demnach 2022 statt 5,1 Prozent nur noch um 3,7 Prozent zulegen, nach einem erwarteten Plus von 2,5 Prozent in diesem Jahr. “Die zunächst erwartete kräftige Erholung für 2022 verschiebt sich weiter nach hinten”, sagte Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser. Das BIP werde 2023 voraussichtlich um 2,9 Prozent zulegen und damit fast doppelt so stark wie noch im September erwartet.

Anders als die meisten Fachleute erwartet das Ifo 2022 allerdings eine weiter anziehende Inflation. Demnach dürfte sie von 3,1 Prozent im laufenden Jahr auf 3,3 Prozent im kommenden Jahr steigen. “Dabei spielen steigende Kosten, die mit den Lieferengpässen einhergehen, eine treibende Rolle und auch die verzögerte Anpassung an die gestiegenen Energie- und Rohstoffpreise”, erklärte das Ifo.

Den deutschen Maschinenbauern machen die globalen Materialengpässe bereits jetzt zusehends zu schaffen. Der Branchenverband VDMA senkte den Ausblick für die Produktion 2021 auf ein Plus von sieben Prozent statt der bislang erwarteten zehn Prozent. 2022 werde der Ausstoß hingegen wohl um sieben Prozent statt wie bislang geschätzt um fünf Prozent zulegen. Während die Auftragseingänge in den ersten zehn Monaten des laufenden Jahres um 34 Prozent gestiegen seien, hätten die Firmen ihre Produktion nur um 7,2 Prozent und damit schwächer als erhofft erhöhen können. “Wir hätten mehr produzieren können, wären die verschiedenen Lieferengpässe nicht so hartnäckig gewesen”, sagte VDMA-Präsident Karl Haeusgen. Es sei damit zu rechnen, dass die Materialengpässe voraussichtlich mindestens bis ins zweite Halbjahr 2022 anhielten.

ALLE AUGEN AUF OMIKRON

Im Sommerhalbjahr 2022 dürfte die Weltkonjunktur im Zuge rückläufiger Lieferengpässe etwas an Schwung gewinnen, sagt das Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) voraus: “Jedoch ist nach wie vor der ungewisse Fortgang der Pandemie ein großes Risiko für die Weltwirtschaft im Jahr 2022.” Dies gilt laut IWH-Vizepräsident Oliver Holtemöller auch für die Konjunkturentwicklung in Deutschland. Die Politik werde die

Restriktionen so lange nach und nach verschärfen, bis die Infektionszahlen deutlich sänken.

Wenn es zu einem strengen Winter-Lockdown wie vor einem Jahr käme, wäre auch mit einem entsprechend deutlichen Rückgang der Produktion zu rechnen. “Für den weiteren Jahresverlauf wird entscheidend sein, wie beherrschbar die Omikron-Variante ist”, so der Ökonom. Sein Institut erwartet, dass die Wirtschaft im Winter zunächst stagniert. Wenn ab dem Frühjahr das Infektionsgeschehen abflaue, werde der private Konsum deutlich zulegen und die Konjunktur wieder kräftig in Schwung kommen. Das IWH prognostiziert, dass das Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2022 um 3,5 Prozent zunimmt, nach 2,7 Prozent im laufenden Jahr. Die

Inflationsrate dürfte demnach kommendes Jahr mit prognostizierten 3,1 Prozent genauso hoch liegen wie im laufenden Jahr.

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