Frankfurt/Berlin (Reuters) – Angesichts rasant steigender Preise beraten die Währungshüter der EZB an diesem Vormittag über eine allmähliche Abkehr von der sehr lockeren Geldpolitik.
Für den Mittag (13.45 Uhr) ist ein Beschluss des EZB-Rats zu erwarten, das nach Ausbruch der Corona-Pandemie geschaffene große Anleihen-Kaufprogramm namens PEPP nach gut zwei Jahren ab April abzuschalten. Es ist auf 1,85 Billionen Euro ausgelegt. Damit es nach dem voraussichtlichen Ende der Zukäufe im Frühjahr 2022 nicht zu Turbulenzen an den Finanzmärkten kommt, soll es einen möglichst reibungslosen Übergang geben. Dabei dürfte das kleinere Anleihenprogramm APP in neu justierter Form das Mittel der Wahl sein.
Die EZB hatte bereits 2015 mit den Staatsanleihen-Käufen im Rahmen des Programms begonnen, um die Konjunktur zu stützen. Die Europäische Zentralbank (EZB) schleuste über dieses Kaufprogramm zuletzt monatlich 20 Milliarden Euro in das Finanzsystem. Als eine Option gilt, das monatliche Kaufvolumen aufzustocken. Die Währungshüter könnten allerdings auch einen Gesamtumfang für die Zeit bis Ende 2022 festlegen.
Die auf Preisstabilität ausgerichtete EZB sieht sich zurzeit mit einem massiven Inflationsproblem konfrontiert: Die Teuerung erreichte im November ein Rekordniveau von 4,9 Prozent. Angetrieben wird sie durch die Energiepreise, die in der Jahresrate im Vergleich zum Corona-Jahr 2020 quasi explodiert sind. Auch spielen Störungen der Lieferketten eine Rolle, die sich aus der Pandemie ergeben haben. Die neue Coronavirus-Variante Omikron bereitet den Währungshütern weiteres Ungemach, da die rasche Verbreitung die Konjunkturaussichten eintrübt.
Am Leitzins von 0,0 Prozent dürfte der EZB-Rat auf der Sitzung nicht rütteln. EZB-Chefin Christine Lagarde hat überdies signalisiert, dass eine Erhöhung im kommenden Jahr sehr unwahrscheinlich sei. Mit Spannung warten EZB-Beobachter darauf, ob sie diese Einschätzung auch auf der Pressekonferenz wiederholt. Anders als in der Euro-Zone stehen die Zeichen in den USA nächstes Jahr auf Zinswende.
Vertreter einer eher straffen Linie in der EZB dringen angesichts des unklaren Konjunkturbilds und wegen anhaltender Inflationsgefahren darauf, dass sich die EZB geldpolitisch nicht über 2022 hinaus festlegt. Den Währungshütern liegen nun auch aktualisierte Wachstums- und Inflationsprognosen der EZB-Volkswirte vor, die erstmals bis ins Jahr 2024 reichen. Im September hatten die EZB-Ökonomen geschätzt, dass die Teuerungsrate 2022 mit 1,7 Prozent wieder unter das EZB-Ziel von 2,0 Prozent sinken und 2023 mit 1,5 Prozent noch niedriger ausfallen wird.