Berlin (Reuters) – Bundesfinanzminister Christian Lindner hat den 60 Milliarden Euro schweren Nachtragshaushalt für 2021 gegen lautstarke Kritik verteidigt.
“Es geht um den Weg aus der Krise”, sagte der FDP-Vorsitzende am Donnerstag im Bundestag. Viele Investitionen seien in der Coronavirus-Krise ausgefallen. Dies müsse nun nachgeholt werden. Die Opposition sprach dagegen im Parlament von Taschenspielertricks, weil Corona-Kredite im Klimafonds für spätere Investitionen geparkt werden sollen. “Das ist die Axt an der Schuldenbremse”, sagte der CDU-Politiker Helge Braun, der neue Vorsitzende des Haushaltsausschusses.
Der Bundestag soll den Nachtragshaushalt im Januar beschließen. Deutschland dürfe bei der Transformation der Wirtschaft Richtung Klimaneutralität nicht noch mehr Zeit verlieren, sagte Lindner bei der ersten Budgetberatung. “Wir brauchen den Mut zum Aufbruch.” Lindner zufolge geht es in den nächsten Jahren um einen Spagat aus mehr Investitionen für Klimaschutz und Digitalisierung, aber auch die Schuldenbremse ab 2023 wieder einzuhalten. “Beides ist für die Bundesregierung verbindlich.”
Der SPD-Haushaltsexperte Dennis Rohde sagte, die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP müsse jetzt handeln, sonst würden später viel höhere Kosten anfallen. Zudem wäre der Aufschwung in Gefahr. Die Pandemie sei auch noch nicht vorbei. “Wir werden nicht beim Gesundheitsschutz sparen.”
CDU/CSU WOLLEN GEGEN NACHTRAGSHAUSHALT KLAGEN
Die Union hatte diese Woche bereits eine Verfassungsbeschwerde gegen den Nachtragshaushalt angekündigt. In einem internen Schreiben von CDU-Finanzpolitikern an die eigene Fraktion heißt es, die Ampel erschließe sich neue Geldquellen und schaffe so Schlupflöcher für mehr Schulden. “Damit wird gegen den Geist und die Intention der Schuldenbremse verstoßen. Die angedachten Haushaltskonstruktionen verschleiern letztlich die realen finanziellen Auswirkungen auf den Bundeshaushalt und die Gesamtverschuldung.”
Christian Haase, einer der Autoren des Reuters vorliegenden Schreibens, forderte Lindner im Bundestag auf, den Nachtragshaushalt zurückzuziehen. Der CDU-Politiker sprach von Taschenspielertricks. Aus Corona-Krediten würden einfach Klima-Kredite gemacht, die nichts mit der Pandemie zu tun hätten. “Ich halte den Nachtragshaushalt für verfassungswidrig.” Ähnlich argumentierte die AfD, die der FDP vorwarf, ihr Versprechen einer seriösen Haushaltspolitik schon nach wenigen Tagen im Amt gebrochen zu haben und gegen die Verfassung zu verstoßen. “Das sind Buchungstricks”, so der AfD-Haushaltsexperte Peter Boehringer. Die insgesamt für 2021 vorgesehene Neuverschuldung in Höhe von 240 Milliarden Euro sei ausschließlich für die Corona-Bekämpfung eingeplant gewesen.
Die Linke forderte, lieber eine Vermögenssteuer für die reichsten 0,7 Prozent im Land einzuführen. Dann wäre der Nachtragshaushalt, der immerhin größer als der Verteidigungsetat sei, gar nicht nötig.