Lauterbach rechnet mit massiver fünfter Pandemie-Welle

(Weitgehend neu)

– von Alexander Ratz

Hannover/Berlin (Reuters) – Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach äußert sich besorgt über den weiteren Verlauf der Pandemie in Deutschland.

Mit Blick auf die neue Coronavirus-Variante Omikron sagte der SPD-Politiker am Freitag in Hannover, er gehe von einer “massiven fünften Welle aus”. Er sei mit Kollegen in Großbritannien in Kontakt, und deren Berichte seien besorgniserregend. “Das heißt, wir müssen uns hier tatsächlich auf eine Herausforderung einstellen, die wir in dieser Form noch nicht gehabt haben”, sagte er bei einem Besuch der niedersächsischen Landesregierung. Diese Welle könne auch nicht mehr verhindert werden. Einzig die Booster-Impfung verspreche Linderung.

Wie Lauterbach äußerte sich auch der Chef-Virologe des Berliner Universitätsklinikums Charité, Christian Drosten, besorgt über die bevorstehende Welle. Drosten bezog sich bei Twitter auf einen Beitrag des Datenjournalisten Christian Endt von “Zeit online”. “Nach Auswertung der verfügbaren Daten fürchten wir, dass Omikron in Deutschland schon gegen Weihnachten dominant sein könnte”, schrieb Endt. “Dann würden die Fallzahlen bald sehr schnell ansteigen. Da kommt keine Welle, sondern eine Wand.” Drosten erklärte, er stimme mit dieser Analyse vollkommen überein. Deutschland habe im Vergleich zu Großbritannien zudem noch das Problem der vielen ungeimpften Menschen unter 60 Jahren, schrieb der Virologe auf Twitter.

Kritisch äußerte sich Lauterbach über ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Niedersachsen, das die 2G-Regelung im Einzelhandel am Donnerstag gekippt hatte. Die Entscheidung habe ihn überrascht. Er betreibe keine Kritik an Gerichten, “das verbietet sich natürlich”, sagte Lauterbach. “Aber trotzdem möchte ich darauf hinweisen, dass es weder epidemiologisch noch gesundheitspolitisch Sinn macht, eine solche Regel jetzt zu kippen, insbesondere in Anbetracht der vor uns stehenden Omikron-Welle.” Auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) kritisierte, dass sein Land nun das einzige bundesweit sei, in dem 2G im Einzelhandel nicht mehr gelte. Ein Sprecher der Bundesregierung verwies in Berlin auf das Urteil eines Gerichts in Schleswig-Holstein, das die 2G-Regel im Einzelhandel bestätigt habe.

“BESORGNISERREGENDE VARIANTE”

Das Robert-Koch-Institut (RKI) meldete für Freitag binnen 24 Stunden 50.968 Corona-Neuinfektionen. Das sind 10.320 Fälle weniger als am Freitag vor einer Woche. Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz sank weiter auf 331,8 von 340,1 am Vortag. 437 weitere Menschen starben in Zusammenhang mit dem Virus. Damit erhöht sich die Zahl der gemeldeten Todesfälle auf 107.639. Insgesamt fielen in Deutschland bislang mehr als 6,72 Millionen Corona-Tests positiv aus. Das hohe Impftempo hielt an: Laut RKI wurden am Donnerstag 1.244.916 Menschen geimpft. Darunter waren 1.045.909 Auffrisch-Impfungen.

In seinem Wochenbericht wies das RKI darauf hin, dass immer noch praktisch alle Fälle an Neuinfektionen durch die Deltavariante verursacht würden. “Allerdings steigt die Zahl der Fälle mit Infektion durch die neue besorgniserregende Variante (…) Omikron in den letzten Wochen an.” Bis zum vergangenen Dienstag seien 112 bestätigte Omikron-Fälle und 213 weitere Verdachtsfälle übermittelt worden. “Die Schwere der durch die Variante Omikron verursachten Erkrankungen lässt sich derzeit noch nicht abschätzen”, schrieben die RKI-Experten.

Dass sich Omikron schnell ausbreitet, zeigten Zahlen aus Nordrhein-Westfalen. Nach Angaben von Landesgesundheitsminister Karl-Josef Laumann waren allein im bevölkerungsreichsten Bundesland bis Freitag bereits 370 Omikron-Fälle registriert worden. Die Zahl sei in der vergangenen Woche sprunghaft gestiegen, sagte Laumann in Düsseldorf.

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