Deutschland vor Omikron-Welle – Vierte Impfung wohl nötig

Frankfurt/Berlin (Reuters) – Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach sieht Deutschland vor einer fünften Welle mit der Omikron-Variante.

Sie dürfte das Infektionsgeschehen hierzulande in Kürze dominieren, doch werde Deutschland die Variante in den Griff bekommen, sagte Lauterbach am Mittwoch. Forderungen nach schärferen Corona-Maßnahmen wies er zurück. “Ich glaube, mit den Maßnahmen, die wir jetzt beschlossen haben, können wir das pandemische Geschehen in den nächsten Wochen beherrschen”, sagte Lauterbach auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Präsidenten des Robert-Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler. “Nichtsdestotrotz müssen wir mit einer fünften Welle rechnen. Wir müssen davon ausgehen, dass sich die Omikron-Welle nicht mehr verhindern lässt.” Lauterbach erwartet, dass die neue Variante in spätestens drei Wochen die Mehrzahl der Infektionen ausmachen wird. Wieler appellierte, Kontakte auf das Nötigste einzuschränken. “Das Weihnachtsfest darf nicht der Funke sein, der das Omikron-Feuer entfacht.”

Bund und Länder hatten am Dienstag wegen der rasanten Ausbreitung der hochinfektiösen Variante beschlossen, dass bei privaten Treffen ab dem 28. Dezember generell nur noch maximal zehn Personen zusammenkommen dürfen. Kinder bis 14 Jahren zählen nicht dazu. Clubs und Diskotheken müssen schließen, Großveranstaltungen wie Fußball-Spiele bis auf weiteres ohne Zuschauer ausgetragen werden. Das RKI hatte dagegen “maximale Kontaktbeschränkungen” empfohlen, die ab sofort bis zunächst Mitte Januar gelten sollten.

Der Grünen-Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen hält die Beschlüsse für unzureichend und forderte vorsorgliche Lockdown-Vorbereitungen. “Wir müssen meines Erachtens sofort in der Lage sein, einen weitergehenden Lockdown zu beschließen und sollten deshalb uns jederzeit bereit halten”, sagte er im Deutschlandfunk. Kritik kam auch von der Union: “Kurz zusammengefasst: zu wenig, zu spät”, sagte Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus in der ARD.

DEUTSCHLAND BESTELLT OMIKRON-IMPFSTOFF BEI BIONTECH

Lauterbach sieht die Booster-Impfungen als den entscheidenden Baustein gegen Omikron und schwere Verläufe. Denn bisher deuten alle Studien darauf hin, dass die bestehenden Impfstoffe nach nur zwei Impfungen deutlich weniger wirksam gegen die Variante sind. Bis Weihnachten sollen in Deutschland 30 Millionen Menschen geboostert sein, bis zu 60 Millionen Booster-Geimpfte will Lauterbach schließlich erreichen. Für die zweite Welle der Booster-Impfungen stünden 30 Millionen Dosen von Moderna zur Verfügung sowie drei Millionen Dosen von Biontech. Er rechnet im Januar zudem mit vier Millionen Dosen des Protein-Impfstoffs von Novavax.

Noch sei nicht bekannt wie lange der Booster-Schutz bei Omikron anhalte, sagte Lauterbach. Es könnte aber sein, dass dieser “nicht allzu dauerhaft ist und darauf sind wir vorbereitet”. Bei Biontech habe man deshalb spezifischen Omikron-Impfstoff gekauft, “insgesamt 80 Millionen Dosen, mit denen wir rechnen ab April oder Mai”. Zusätzlich werde aber auch Moderna bestellt. Man müsse davon ausgehen, dass eine vierte Impfung nötig werde.

Israel plant wegen Omikron bereits eine vierte Covid-Impfung für alle über 60, Personen mit geschwächtem Immunsystem sowie für Beschäftigte im Gesundheitswesen. Studien zu einer vierten Dosis von Biontech/Pfizer, die diesen Schritt untermauern, liegen bisher aber nicht vor.

Für Mittwoch meldete das RKI binnen 24 Stunden 45.659 Corona-Neuinfektionen, das waren 5642 Fälle weniger als vor einer Woche. Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz sank auf 289,0 von 306,4 am Vortag. 510 weitere Menschen starben in Zusammenhang mit dem Virus. RKI-Präsident Wieler, rechnet mit einer Verschärfung der Lage in Kürze. “In den vergangenen Tagen waren die Fallzahlen rückläufig, aber leider ist das kein Zeichen für eine Entspannung”, sagt er. “Wir müssen die noch immer sehr hohen Fallzahlen runterbekommen.”

tagreuters.com2021binary_LYNXMPEHBL0PU-VIEWIMAGE