Bundesbanker – Banken sollten Inflationsrisiko nicht unterschätzen

Berlin (Reuters) – Bundesbankvorstand Joachim Wuermeling warnt Unternehmen und Banken vor einer Unterschätzung der Inflationsrisiken.

Er sehe “eine gewisse Gefahr darin, dass man sich derart auf die Auswirkungen der Pandemie fokussiert, dass andere Risiken, die womöglich größer und auch längerfristig sind, zu wenig Aufmerksamkeit bekommen”, sagte Wuermeling der “Börsen-Zeitung” (Dienstagausgabe). Auf die Nachfrage, an welche Risikoquellen er dabei konkret denke, sagte der Bundesbanker: “Zum Beispiel an die Folgen einer möglicherweise länger anhaltenden Inflation und einen damit verbundenen Zinsanstieg, wie wir ihn in den USA und anderen Ländern bereits sehen”. Hier könnten sich in der Folge Markt- und Zinsänderungsrisiken merklich materialisieren.

Die Inflationsrate in Deutschland ist mit 5,2 Prozent so hoch wie seit fast 30 Jahre nicht mehr. Dazu tragen vor allem steigende Energiepreise, Materialengpässe und gestörte Lieferketten sowie Sondereffekte wie die wieder angehobene Mehrwertsteuer bei. Das Ifo-Institut geht davon aus, dass die Preise im kommenden Jahr mit durchschnitt 3,3 Prozent schneller zulegen werden als 2021 mit 3,1 Prozent.

In der deutschen Wirtschaft herrscht angesichts der hohen Inflation Unmut über die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). “Die EZB tut nicht zu wenig, sie tut das Falsche”, hatte der Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), Dirk Jandura, der Nachrichtenagentur Reuters zuletzt gesagt. “Dass sie in Krisenzeiten zur Stabilisierung der Staatsfinanzen beiträgt, kann politisch durchaus gerechtfertigt werden – aber nicht auf Dauer.” Langfristig gefährde dies das Vertrauen in die Währung durch Geldwertvernichtung. Eine Abkehr von dieser Politik sei daher erforderlich. “Wir sollten die aktuelle Entwicklung ernst nehmen”, sagte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Peter Adrian, mit Blick auf die Preisentwicklung. “Was mir in dieser Hinsicht Sorge macht: Die EZB hat noch kein richtiges Ausstiegssignal aus ihrer lockeren Geldpolitik erkennen lassen.”

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