Berlin (Reuters) – Belastungsstopp, Digitalisierung, Bürokratieabbau: Führende Wirtschaftsverbände geben der neuen Bundesregierung eine lange Wunschliste mit ins neue Jahr.
“Was die Wirtschaft jetzt braucht, ist die Sicherung unserer Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung für die Zukunft”, sagte der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) in einer am Mittwoch veröffentlichten Verbandsumfrage. Es sei bedauerlich, dass sich die Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP nicht dazu verpflichtet hätten, den Gesamtbeitrag aus Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung auf maximal 40 Prozent des Bruttolohns zu begrenzen. “Unsere Erwartung bleibt deshalb umso mehr, dass die Regierung dafür eintritt, dass Arbeitgeber und Beschäftigte nicht durch immer höhere Sozialbeiträge überfordert werden”, sagte Dulger. Angesichts der Demografie seien Reformen die Voraussetzung für den Fortbestand eines stabilen Sozialsystems. “Eine ausgabenwillige Sozialpolitik ist nicht zukunftsfähig”, sagte der BDA-Chef. “Deshalb werben wir für eine flexiblere Altersgrenze in der Rente und die Konzentration der Arbeitslosenversicherung auf die Kernbereiche.”
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) sieht gute Ansätze im Koalitionsvertrag – etwa den politischen Willen, Genehmigungs- und Planungsverfahren zu beschleunigen oder das Bekenntnis zu konsequenter Digitalisierung. “Zu den kritischen Punkten der Regierungspläne gehört aus Sicht der Unternehmen vor allem die unklare Finanzierungsfrage vieler Vorhaben”, sagte DIHK-Präsident Peter Adrian. “Denn dadurch fürchten Teile der Wirtschaft eher neue Belastungen und halten sich bei Investitionen zurück.” Gerade für Industrieunternehmen bleibe zudem vage, wie es um ihre weltweite Wettbewerbsfähigkeit am Standort Deutschland aussehe. Denn die Klimaschutz-Anforderungen an die Betriebe hierzulande seien deutlich höher und verbindlicher als in anderen Wirtschaftsräumen und EU-Nachbarn.
“Eine Schippe drauflegen sollte die Regierung vor allem in zwei Bereichen: bei der Einführung und Verbreitung elektronischer Identitäten und bei der Schaffung geschützter Datenräume, etwa im Gesundheitswesen”, forderte der Präsident des Digitalverbandes Bitkom, Achim Berg. Herausragende Bedeutung komme auch der beschleunigten Digitalisierung der Schulen und einem Digitalpakt 2.0 zu.
“KLINGT NICHT SEXY, IST ABER WICHTIG”
Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) warnt vor zusätzlichen Belastungen durch den von der Ampel angestrebten Transformationsprozess, etwa beim Klimaschutz. “Es bestehen jedoch durchaus reale Chancen darauf, dass die im Koalitionsvertrag angelegten Wachstumsimpulse ab 2023 die Oberhand gewinnen können – sofern denn eine insgesamt kluge Wirtschafts-, insbesondere auch Mittelstandspolitik verfolgt wird.” Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) fordert den Umbau zu einem modernen Staat. “Die Ampel-Koalition will richtigerweise Planungs- und Genehmigungsverfahren modernisieren, entbürokratisieren und digitalisieren”, sagte BDI-Präsident Russwurm Siegfried. “Das ist ein wesentlicher Faktor, um private Investoren zu motivieren.”
Der Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA) fordert Planungssicherheit und Berechenbarkeit ein. “Das klingt nicht sexy, ist aber wichtig”, sagte BGA-Präsident Dirk Jandura. Das Investitionsverhalten werde stark von der Umsetzung der beschlossenen Maßnahmen im Koalitionsvertrag abhängen. “Wir bauen darauf, dass die Politik zu einer seriösen Einhaltung der Schuldenbremse und soliden Haushalten zurückkehrt und Impulse für mehr Dynamik durch Investitionen in Digitalisierung und Infrastruktur sowie in eine bezahlbare Energieversorgung setzt”, sagte Jandura.