Insolvenzverwalter übernimmt das Steuer bei den MV Werften

Hamburg (Reuters) – Beim insolventen Schiffbauer MV Werften in Mecklenburg-Vorpommern hat nun der Rechtsanwalt Christoph Morgen das Steuer in der Hand.

Das Amtsgericht Schwerin berief den Sanierungsexperten der Kanzlei Brinkmann & Partner am Mittwoch zum vorläufigen Verwalter für alle acht Gesellschaften der Werftengruppe. Dazu gehören vier Betriebsgesellschaften, die Holding und drei Grundstücksfirmen.

Rechtsanwalt Morgen muss sich nun zunächst einen Überblick über die finanzielle Lage der Gruppe verschaffen. In einem ersten Schritt will er sich darum kümmern, dass die rund 2000 Beschäftigten ihre Löhne und Gehälter erhalten. “Die MV Werften Gruppe hat die Dezembergehälter nicht ausgezahlt. Umso dringlicher ist für die Mitarbeitenden jetzt, dass sie nun zügig für ihre geleistete Arbeit entlohnt werden”, sagte er. Die Vorfinanzierung des Insolvenzgeldes sei bereits in die Wege geleitet worden. Die Umsetzung werde noch ein paar Tage dauern.

Parallel will der Insolvenzverwalter die Landesregierung und die Bundesregierung, die Betriebsräte, die IG Metall und den Eigner Genting aus Hongkong an einen Tisch bringen. Für Standorte ohne Aufträge sollten bereits begonnene Gespräche mit Investoren fortgesetzt werden. Das Kreuzfahrtschiff “Gobal One” wolle er mit den Beschäftigten und den Zulieferern in Wismar zu Ende bauen. Dazu werde er zeitnah Gespräche mit allen Beteiligten aufnehmen.

Ein Schwerpunkt der Kanzlei Brinkmann & Partner sind Werftinsolvenzen. Unter anderem wurden ihre Verwalter bei der Husumer Schiffbaugesellschaft, der Sietas Werft, der Norderwerft, der SME Werft, der Wadan Werft, den P+S Werften und der Elsflether Werft bestellt. Auch Rechtsanwalt Morgen hat schon reichlich Erfahrung auf dem Gebiet: Er war unter anderem Sachwalter der Flensburger Schiffbau-Gesellschaft FSG, der Senvion GmbH sowie Insolvenzverwalter der Schwergutreederei Hansa Heavy Lift und Chief Insolvency Officer der Reedereigruppe Rickmers Holding AG.

GESPRÄCHE MIT HONGKONGER EIGENTÜMER GENTING GESCHEITERT

Die MV Werften mit Standorten in Rostock, Wismar und Stralsund sowie der Lloyd Werft in Bremerhaven und weiteren Tochtergesellschaften hatte zu Wochenbeginn Insolvenz angemeldet. Als vorläufiger Insolvenzverwalter für die 1857 gegründete Lloyd Werft wurde nach Angaben des Amtsgerichts Bremerhaven der Hamburger Rechtsanwalt Per Hendrik Heerma berufen. Die MV Werften gehören seit 2016 dem börsennotierten Glücksspiel- und Kreuzfahrtkonzern Genting aus Hongkong, der wegen der Pandemie in finanziellen Schwierigkeiten steckt. Hinter dem verzweigten Konzern steht der malaysische Milliardär Lim Kok Thay.

In Gesprächen von Bund und dem Land Mecklenburg-Vorpommern mit Genting war keine Lösung für die weitere Finanzierung der Werften gefunden worden. Die Bundesregierung war bereit gewesen, zusätzliche Mittel von 600 Millionen Euro bereitzustellen, damit die “Global One” fertiggebaut werden kann. Im Gegenzug verlangte der Corona-Rettungsfonds WSF vom Eigentümer 60 Millionen Euro frisches Eigenkapital und 600 Millionen Euro Bürgschaften. Dazu war der MV-Eigentümer nach Angaben des Bundes nicht bereit, wodurch die Rettung scheiterte und nun Tausende Arbeitsplätze im strukturschwachen Nordosten gefährdet sind. Genting wiederum gab dem Bund und dem Land Mecklenburg-Vorpommern die Schuld für den Liquiditätsengpass. Diese hätten dem Unternehmen insgesamt 336 Millionen Dollar vorenthalten, die ihm eigentlich zustünden.

Der potenzielle Schaden für den Steuerzahler nach der Pleite scheint sich indes in Grenzen zu halten. Die im vergangenen Jahr zugesagten Hilfen aus dem WSF in Höhe von rund 300 Millionen Euro seien bislang nicht ausgezahlt worden, sagten Insider der Nachrichtenagentur Reuters.

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