Polens Präsident will mit Gesetzentwurf zu Richtern Streit mit EU beenden

Warschau (Reuters) – Der polnische Präsident Andrzej Duda hat am Donnerstag ein Gesetz zu Auflösung der umstrittenen Disziplinarkammer für Richter vorgeschlagen und will so einen jahrelangen Streit mit der EU über die Rechtsstaatlichkeit beenden.

Dann, so Dudas Hoffnung, könnten auch zurückgehaltene finanzielle Mittel der Europäischen Union für Polen freigegeben werden. Denn der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte im Oktober Polen zur Zahlung eines Zwangsgeldes in Höhe von einer Million Euro pro Tag verurteilt, weil die Regierung in Warschau die Auflösung der Disziplinarkammer verweigerte. Durch sie sieht die EU-Kommission die Unabhängigkeit der Justiz untergraben.

Duda sagte, nach seinem Gesetzentwurf werde die Disziplinarkammer aufhören zu existieren. Ihre Richter könnten entweder in den Ruhestand oder zu anderen Kammern des Obersten Gerichtshofes gehen. Disziplinarverfahren gegen Richter würden von einem neuen Ausschuss behandelt, dem elf per Los bestimmte Richter des Obersten Gerichtshofes angehören würden. Mit dem Gesetzentwurf werde der Regierung ein Instrument in die Hand gegeben, um den Streit mit der EU-Kommission zu beenden. Der Entwurf soll nun im Unterhaus des Parlamentes eingebracht und debattiert werden.

Die polnische Richtervereinigung erklärte allerdings, durch den Gesetzentwurf werde sich wenig an der politisch motivierten Ernennung von Richtern ändern, das Chaos in der Justiz aber vergrößert. Denn der elfköpfige Ausschuss für Disziplinarverfahren werde sehr wahrscheinlich weiterhin von einem mit der Regierungspartei PiS verbundenen Gremium bestimmt, sagte ein Sprecher.

Die EU-Kommission wirft Polen seit langem vor, die Unabhängigkeit der Justiz zu untergraben und damit den Rechtsstaat abzubauen. Die seit 2015 von der national-konservativen PiS geführte Regierung argumentierte stets, sie wolle die Effizienz des Justizsystems verbessern. Die Disziplinarkammer führte sie als einen wesentlichen Teil einer umstrittenen Justizreform ein. Sie kann jeden Richter und jede Staatsanwältin entlassen, ihre Mitglieder werden von einem vom Parlament gewählten Gremium bestellt. Die EU-Kommission sieht darin die Unabhängigkeit der Justiz ausgehöhlt und leitete ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen ein. Im April 2020 entschied der EuGH, dass Polen die Disziplinarkammer sofort aussetzen müsse, weil diese nicht unabhängig sei. Dem folgte die Regierung nicht vollständig.

Im Juli 2021 stellte die EU-Kommission Polen ein Ultimatum, das EuGH-Urteil umzusetzen, anderenfalls würden Geldstrafen fällig. Da Polen dem nicht nachkam, sondern nationales über EU-Recht erhob und damit einen zentralen Grundsatz der EU infrage stellte, wurde die Strafe fällig.

tagreuters.com2022binary_LYNXMPEI120O9-VIEWIMAGE