Brüssel/Berlin (Reuters) – Trotz weiterhin hoher Inflation dürfte die Konjunktur der Euro-Zone laut der EU-Kommission bald anspringen.4 “Wir rechnen damit, dass das Wachstum bereits im Frühjahr wieder an Fahrt gewinnen wird”, sagte EU-Kommissar Paolo Gentiloni am Donnerstag. Die Omikron-Welle und Lieferkettenprobleme hätten der Wirtschaft zugesetzt. Der Gegenwind werde aber allmählich nachlassen. Die EU-Kommission https://ec.europa.eu/info/business-economy-euro/economic-performance-and-forecasts/economic-forecasts/winter-2022-economic-forecast-growth-expected-regain-traction-after-winter-slowdown_en senkte allerdings ihre Wachstumsprognose für das laufende Jahr von 4,3 auf 4,0 Prozent. Sie rechnet zugleich mit einer weit höheren Inflation als im Herbst angenommen: Die Teuerungsrate dürfte 2022 mit 3,5 Prozent weit über die Zielmarke der EZB von 2,0 Prozent hinausschießen.
“Der Preisdruck wird wahrscheinlich bis zum Sommer hoch bleiben”, warnte Gentiloni. Im Herbst war sein Expertenstab noch von einer Rate von lediglich 2,2 Prozent im laufenden Jahr ausgegangen. Laut dem EU-Kommissar dürfte mit dem Nachlassen von Lieferengpässen und nur noch moderat steigenden Energiepreisen ab dem Herbst jedoch mit einer Entspannung an der Preisfront zu rechnen sein.
GELDPOLITIK IM FOKUS
“Dennoch: Unsicherheit und Risiken bleiben hoch”, räumte der Wirtschafts- und Währungskommissar mit Blick auf Störfaktoren wie Pandemiegeschehen und Ukraine-Krise ein. Es sei offensichtlich, dass “Frieden, Stabilität und Wirtschaftswachstum” eng miteinander verflochten seien. Die Ukraine-Krise hat laut Experten das Potenzial die Preise weiter zu treiben.
Gentiloni betonte, die von der Kommission veröffentlichte Prognose sei auch mit weiteren Aufwärtsrisiken verbunden. Falls sich zum Beispiel der Preisauftrieb weltweit stärker als erwartet entwickeln sollte, könne dies dazu führen, dass die Währungshüter schneller als angenommen die Zügel anzögen. “Dies hätte Auswirkungen auf die globalen Finanzierungsbedingungen und die Nachfrage”, warnte der Italiener.
Die US-Notenbank Fed https://www.federalreserve.gov/monetarypolicy/files/monetary20220126a1.pdf steht kurz vor einer Zinswende, der eine Reihe weiterer Anhebungen folgen dürfte. Von Bundesbankpräsident Joachim Nagel und weiteren Währungshütern aus dem EZB-Rat wird mittlerweile auch eine Erhöhung für den Euroraum noch in diesem Jahr ins Spiel gebracht. Laut dem niederländischen Notenbankchef Klaas Knot käme ein erster Schritt um 0,25 Prozent im vierten Quartal in Frage. Damit würde die EZB just zu dem Zeitpunkt die Zügel anziehen, wenn der Inflationsdruck im Euroraum laut der Vorhersage der EU-Kommission nachlässt. Sie sagt den Scheitelpunkt der Teuerungswelle mit einem Wert von 4,8 Prozent für das laufende erste Quartal voraus. 2023 sei zu erwarten, dass das Inflationsziel der Europäischen Zentralbank (EZB) von 2,0 Prozent dann mit einer Teuerungsrate von voraussichtlich 1,7 Prozent wieder unterschritten werde.
Der Ökonomenstab der EZB hatte im Dezember für 2023 einen Wert von 1,8 Prozent veranschlagt. Die Finanzmärkte warten bereits gespannt auf die im März anstehenden aktualisierten Prognosen. EZB-Chefin Christine Lagarde hatte Inflationssorgen jüngst gedämpft. Die Chancen seien gestiegen, dass sich die Teuerungsrate mittelfristig um den EZB-Zielwert herum stabilisieren werde. Es gebe keine Signale, dass sich die Inflation auf mittlere Sicht hartnäckig und deutlich über der Zielmarke festsetzen werde, was eine “nennenswerte Straffung” der Geldpolitik erfordern würde.
Die EZB https://www.ecb.europa.eu/press/govcdec/mopo/html/index.en.html hält den geldpolitischen Schlüsselsatz derzeit weiter auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent. Zugleich müssen Banken weiter Strafzinsen zahlen, wenn sie überschüssige Gelder bei der EZB parken: Der sogenannte Einlagesatz blieb bei minus 0,5 Prozent. Gentiloni verwies darauf, dass die EZB bei einer möglichen Straffung schrittweise vorgehen wolle.