Berlin (Reuters) – Der Inflationsdruck in Deutschland hat im Januar erstmals seit Monaten wieder etwas nachgelassen.
Waren und Dienstleistungen kosteten durchschnittlich 4,9 Prozent mehr als ein Jahr zuvor, wie das Statistische Bundesamt am Freitag seine erste Schätzung bestätigte. Im Dezember hatte die von teurer Energie getriebene Inflationsrate noch 5,3 Prozent betragen und damit den höchsten Wert seit fast 30 Jahren erreicht. “Sie bleibt aber auf einem hohen Stand”, sagte der Präsident des Statistikamtes, Georg Thiel, zu der Entwicklung zu Jahresbeginn. Für etwas Entspannung sorgte ein sogenannter Basiseffekt: Denn die Preise wurden jetzt nicht mehr mit jenen aus dem zweiten Halbjahr 2020 verglichen, als die Mehrwertsteuer wegen der Corona-Krise zeitweise von 19 auf 16 Prozent gesenkt wurde.
Preistreiber Nummer eins blieb Energie: Sie verteuerte sich um 20,5 Prozent, nach 18,3 Prozent im Dezember. Für Kraftstoffe mussten die Verbraucher 24,8 Prozent mehr bezahlen. Leichtes Heizöl kostete 51,9 Prozent, Erdgas 32,2 Prozent und Strom 11,1 Prozent mehr. “Die steigenden Kosten für Heizenergie dürften auch zunehmend ein soziales Problem werden, denn jeder Haushalt muss heizen”, sagte dazu der Direktor des gewerkschaftsnahen IMK-Instituts, Sebastian Dullien. “Für eine durchschnittliche Familie bedeutet schon jetzt der Gaspreisanstieg eine Mehrbelastung von rund 30 Euro pro Monat im Vergleich zum Vorjahr.”
Der Preisauftrieb der Energieprodukte wurde gleich von mehreren Faktoren beeinflusst. So wirkten sich die zu Jahresbeginn von 25 auf 30 Euro pro Tonne gestiegene CO2-Abgabe sowie höhere Netzentgelte beim Strom aus. “Die von 6,5 auf 3,7 Cent pro Kilowattstunde Strom gesunkene EEG-Umlage konnte den Preisanstieg nur leicht abfedern”, so die Statistiker.
GEMÜSE KOSTET DEUTLICH MEHR
Abgeschwächt hat sich die Inflation bei den Nahrungsmitteln: Sie kosteten 5,0 Prozent mehr, im Dezember waren es noch 6,0 Prozent. Spürbar teurer wurden zu Jahresbeginn insbesondere frisches Gemüse (+8,3 Prozent) sowie Molkereiprodukte und Butter (+6,3 Prozent). Dienstleistungen verteuerten sich um 2,9 Prozent, Nettokaltmieten um 1,4 Prozent.
Das Ifo-Institut hat wegen teurer Energie seine Inflationsprognose für dieses Jahr deutlich heraufgesetzt. Die Verbraucherpreise dürften mit durchschnittlich 4,0 Prozent schneller zulegen als 2021 mit 3,1 Prozent. Das wäre der stärkste Anstieg seit 1993 mit damals 4,5 Prozent. Das Institut hob damit seine alte Prognose vom Dezember merklich an, die noch bei 3,3 Prozent gelegen hatte. Grund für die Aufwärtskorrektur ist auch die aktuelle Ifo-Umfrage, nach der immer mehr Unternehmen ihre Preise weiter anheben wollen.
Die Verkaufspreise im Großhandel sind im Januar wieder etwas schneller gestiegen. Sie erhöhten sich um durchschnittlich 16,2 Prozent zum Vorjahresmonat. Das ist etwas mehr als im Dezember mit 16,1 Prozent, aber weniger als im November, als mit 16,6 Prozent der höchste Wert seit Beginn der Berechnungen 1962 ermittelt wurde. Die Entwicklung gilt als Indikator für zukünftige Inflationstendenzen, da der Großhandel das Scharnier zwischen Herstellern und Endkunden darstellt.