Berlin/Kiew/Moskau (Reuters) – Die Gespräche im sogenannten Normandie-Format über die Ostukraine werden fortgesetzt – aber Russland und die Ukraine sind sich bei den Gesprächen am Donnerstagabend in Berlin kaum näher gekommen.
Das ist nach Angaben aus Verhandlungskreisen das Ergebnis von mehr als neunstündigen Beratungen der außenpolitischen Chefberater der Staats- und Regierungschefs von Deutschland, Frankreich, Russland und der Ukraine. In deutsch-französischen Kreisen wurde betont, es sei gut, dass die Gespräche im März fortgesetzt werden sollen und sich sowohl Russland als auch die Ukraine zum Minsker Friedensabkommen für die Ostukraine bekannt hätten. An dessen voller Umsetzung solle mit Nachdruck gearbeitet werden. “Es waren schwierige Gespräche, in denen die unterschiedlichen Position und verschiedenen Lösungsoptionen deutlich herausgearbeitet wurden”, hieß es in deutsch-französischen Verhandlungskreisen.
Die Chefberater Russlands und der Ukraine, Dmitri Kosak und Andrij Jermak, betonten nach Ende der Gesprächsrunde bei öffentlichen Auftritten in Berlin, dass es keinen Durchbruch gegeben habe. Der war nach Angaben aus deutsch-französischen Verhandlungskreisen allerdings angesichts der derzeitigen Spannungen zwischen beiden Ländern auch nicht erwartet worden. Die Unterhändler aus Moskau und Kiew unterstrichen vielmehr erneut die Differenzen. “Ich hoffe, dass wir uns sehr bald wiedersehen und diese Verhandlungen fortsetzen”, sagte Jermak nach den Verhandlungen allerdings. “Alle sind entschlossen, ein Ergebnis zu erzielen.”
Ein entscheidendes Problem in den Gesprächen ist nach Angaben von EU-Diplomaten, dass Russland versucht, selbst nicht mehr als Konfliktpartei in der Ostukraine eingestuft zu werden, obwohl es die prorussischen Separatisten dort auch militärisch unterstützt. Diese kontrollieren seit 2014 die ukrainischen Gebiete um Donezk und Luhansk. Präsident Wladimir Putin hatte deshalb in dieser Woche von einem innerukrainischen Konflikt gesprochen. Der Unterhändler Kosak habe auch in den Gesprächen darauf gedrungen, dass die Ukraine direkt mit den Separatisten reden müsse, hieß es.
Die ukrainische Regierung wiederum will an dem Gesprächsformat mit Russland festhalten und zumindest offiziell nicht mit den Separatisten sprechen. Allerdings gibt es begrenzte Kontakte mit diesen in der alle 14 Tage zusammenkommenden sogenannten Trilateralen Kontaktgruppe. Diese beschäftigt sich etwa mit humanitären Fragen und der Sicherheit in der Ostukraine. In deutsch-französischen Verhandlungskreisen wurde deshalb betont, dass man sich nach den nächsten Sitzungen der Kontaktgruppe wieder im Normandie-Format treffen wolle. Dies soll im März der Fall sein. Ein Erfolg sei, dass in den vergangenen Wochen der Waffenstillstand an der Demarkationslinie zu den von Separatisten kontrollierten Gebieten besser eingehalten werde.
Die Normandie-Gespräche sind eines von mehreren Gesprächsformaten, in denen derzeit fieberhaft versucht wird, Spannungen mit Russland abzubauen. Russland hat mehr als 100.0000 Soldaten vor der Grenze zur Ukraine stationiert. Der Westen warnt vor einem Angriff, Moskau dementiert entsprechende Absichten. Am Donnerstag begannen sowohl Russland als auch die Ukraine mit Großmanövern. Der britische Premierminister Boris Johnson hatte deshalb von einem gefährlichen Moment gesprochen. US-Präsident Joe Biden warnte, dass die Situation schnell außer Kontrolle geraten könnte. In einem Interview mit NBC News sagte er: “Die Dinge könnten auch mal schnell außer Kontrolle geraten.” Er plane nicht, Truppen zur Rettung von US-Bürgern in die Ukraine zu schicken, falls Russland einmarschiere.