Russland verhängt Haftstrafen für “fake news” – Deutsche Welle gesperrt

Moskau (Reuters) – Russland blockiert Medien wie Deutsche Welle und BBC wegen der Verbreitung mutmaßlicher Falschinformation und droht den eigenen Bürgern per neuem Gesetz mit 15 Jahren Haft bei absichtlichen “fake news”.

“Seit dem frühen Morgen des 4. März ist die Webseite dw.com in Russland in allen Sendesprachen gesperrt”, erklärte Deutsche-Welle-Intendant Peter Limbourg am Freitag. Nach der erzwungenen Schließung des DW-Büros in Moskau Anfang Februar sei die Situation für freien Journalismus in Russland jeden Tag schwieriger geworden. Die Deutsche Welle sei ein unabhängiges Medienhaus, aber kein Regierungssender.

Russlands Medien- und Telekommunikationsaufsicht Roskomnadsor blockierte auch andere Medien wie Voice of America, die Internetzeitung Meduza und RadioFreeEurope/RadioLiberty (RFE/RL). Der Zugang zu mehreren Informationsressourcen, die Ausländern gehören, sei eingeschränkt worden. Die Behörde wirft ihnen vor, rund um den russischen Einmarsch in der Ukraine Falschinformationen zu verbreiten. Die BBC erklärte, man lasse sich nicht abschrecken. Der Zugang zu genauen und unabhängigen Informationen sei ein grundlegendes Menschenrecht, das den Menschen in Russland nicht vorenthalten werden sollte. Die BBC hat jüngst angekündigt, in der Ukraine und in Teilen Russlands täglich vier Stunden Nachrichten in englischer Sprache auf Kurzwelle zu senden. Damit wird eine veraltete Technologie wiederbelebt, die in Zeiten des Kalten Krieges zur Umgehung der staatlichen Zensur eingesetzt wurde.

Russland geht derzeit verstärkt gegen eine Kreml-kritische Berichterstattung vor. So wurde kürzlich der Hörfunksender Echo Moskwy nach Redaktions-Angaben aufgelöst. Während der Westen von einem Angriffskrieg spricht, bezeichnet Russland sein Vorgehen als Sondereinsatz. Ziel sei nicht die Besetzung der Ukraine, sondern die Zerstörung militärischer Kapazitäten der Ukraine sowie die Festnahme als gefährlich eingestufter Nationalisten. Russland bestreitet, Zivilisten ins Visier zu nehmen.

Das russische Parlament verabschiedete am Freitag ein Gesetz, dass eine Gefängnisstrafe von bis zu 15 Jahren für die absichtliche Verbreitung von Falschinformationen über die Streitkräfte vorsieht. So stimmte die Duma Änderungen des Strafgesetzbuches zu, die die Verbreitung von “fake news” zu einer Straftat machen, die mit Geld- oder Gefängnisstrafen geahndet werden kann. Zudem können Bußgelder verhängt werden für öffentliche Aufrufe zu Sanktionen gegen Russland.

“Buchstäblich ab morgen wird dieses Gesetz diejenigen bestrafen – und zwar sehr hart bestrafen –, die gelogen und Erklärungen abgegeben haben, die unsere Streitkräfte verunglimpfen”, sagte der Präsident der Duma, Wjatscheslaw Wolodin.

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