US-Arbeitsmarkt lässt Corona-Krise hinter sich – Bahn frei für Zinswende

Washington/Berlin (Reuters) – Der US-Arbeitsmarkt steuert vor der nahenden Zinswende auf Vollbeschäftigung zu.

Im Februar entstanden 678.000 neue Jobs und damit weit mehr als erwartet. Von Reuters befragte Volkswirte hatten mit 400.000 gerechnet. Die getrennt ermittelte Arbeitslosenquote fiel nach den von der Regierung am Freitag veröffentlichten Zahlen auf 3,8 Prozent. Das ist das niedrigste Niveau seit Februar 2020 – also der Zeit, bevor die Corona-Krise Massenarbeitslosigkeit über die USA brachte.

Angesichts des heiß laufenden Jobmarkts und der hohen Inflation hat US-Notenbankchef Jerome Powell eine Zinswende für Mitte des Monats und weitere Erhöhungen im laufenden Jahr signalisiert. Der US-Währungshüter Charles Evans mahnte nun, es mit Straffungsschritten nicht zu übertreiben. Es ginge über das Erforderliche hinaus, wenn die Zinsen bei jeder Sitzung im laufenden Jahr erhöht würden, sagte der Chef des Fed-Bezirks Chicago dem Sender CNBC.

An den Terminmärkten blieb es nach den Arbeitsmarktdaten bei der Erwartung, dass es die Notenbank am 16. März bei einem Zinsschritt von einem Viertel Prozentpunkt belassen wird. Die Wahrscheinlichkeit dafür wird auf 95 Prozent taxiert. Powell hatte sich im Kongress ebenfalls für einen solchen Schritt ausgesprochen, doch grundsätzlich auch umfangreichere Erhöhungen bei einer oder mehreren Sitzungen nicht ausgeschlossen. Derzeit hält die Fed, die stabile Preise und Vollbeschäftigung sichern soll, den Schlüsselsatz noch in der Spanne von null bis 0,25 Prozent.

“FED BEGINNT MIT KLEINEM SCHRITT”

“Die Unsicherheiten aufgrund des Ukraine-Krieges lassen die Fed mit einem ‘kleinen’ Schritt beginnen und nicht mit der von einigen zuvor erwarteten Erhöhung um 50 Basispunkte”, meint Ökonom Christoph Balz von der Commerzbank. Der enge Arbeitsmarkt und der hohe Inflationsdruck sprächen aber für eine ganze Serie von Zinserhöhungen. Auch Powell hatte die Lage am Arbeitsmarkt bei seinem Auftritt im Parlament explizit als angespannt bezeichnet. Arbeitgeber hätten Probleme, Stellen zu besetzen. Zugleich stiegen die Löhne so stark wie seit Jahren nicht mehr. Die Stundenlöhne stagnierten im Februar allerdings gegenüber dem Vormonat. “Der in einigen Sektoren vorherrschende Arbeitskräftemangel sorgte in der Summe also nicht für steigende Löhne”, erklärte NordLB-Analyst Bernd Krampen.

Der Arbeitsplatzaufbau wird sich nach Ansicht von VP Bank-Chefvolkswirt Thomas Gitzel auch in den kommenden Monaten fortsetzen. Die während der Corona-Pandemie üppig geflossenen Unterstützungsleistungen des Staates seien nun in vielen Haushalten aufgebraucht. Jetzt bestehe wieder der materielle Zwang zu einer Arbeitsaufnahme: “Der Arbeitsmarktbericht ist für die anstehende Zinssitzung lediglich eine Randnotiz. Die Fed hat ihren Kurs längst abgesteckt.”

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