Renten steigen im Sommer in Rekordhöhe

Berlin (Reuters) – Die Renten für rund 21,2 Millionen Ruheständler steigen zum 1. Juli in Rekordhöhe.

Die Altersbezüge werden im Westen um 5,35 Prozent und im Osten um 6,12 Prozent angehoben, wie Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) am Dienstag mitteilte. Sie folgen damit der Lohnentwicklung, die 2021 nach dem Einbruch durch die Corona-Pandemie wieder deutlich zugelegt hatte. Im Westen ist dies die höchste Rentenanpassung seit 1983, im Osten gab es zuletzt 1993 eine noch höhere. Die Präsidentin der Deutschen Rentenversicherung Bund, Gundula Roßbach, sprach von einer “der höchsten Rentenanpassungen seit Einführung der Rentenversicherung”. Die für dieses Jahr erwartete hohe allgemeine Preissteigerung werde für die Rentner dadurch abgemildert. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) kritisierte indes, dass die Anhebung nicht noch höher ausfällt.

Im vorigen Jahr mussten die Ruheständler im Westen noch mit einer Nullrunde und im Osten mit einer Anhebung um 0,72 Prozent auskommen. Der Kaufkraftgewinn durch die diesjährige Erhöhung bleibt zudem gering: Derzeit liegt die Preissteigerungsrate in Deutschland bei 5,1 Prozent. Roßbach verwies darauf, dass es für Rentnerinnen und Rentner seit 2010 ein deutliches Plus gegeben habe. Die Standardrenten seien von 2010 bis 2020 im Westen um über 25 Prozent und im Osten über 37 Prozent gestiegen. Der Anstieg habe damit deutlich über der Entwicklung der Inflation in diesem Zeitraum gelegen.

HEIL KOPPELT NACHHOLFAKTOR MIT ERWERBSMINDERUNGSRENTEN

Die Rentenerhöhung fiele noch größer aus, wenn sich die Ampel-Koalition nicht auf Druck der FDP auf die Wiedereinführung des sogenannten Nachholfaktors verständigt hätte. Dieser verringert die Erhöhung laut Ministerium um 1,17 Prozentpunkte. So werden Rentenkürzungen nachgeholt, die aufgrund sinkender Löhne im ersten Jahr der Corona-Pandemie rechnerisch eigentlich erforderlich gewesen wären. Sinkende Rentenzahlungen schließt die sogenannte Rentengarantie aber aus.

Die Gesetzesänderung zur Wiedereinführung des Nachholfaktors steht allerdings noch aus. Das Arbeitsministerium will dies gemeinsam mit im Koalitionsvertrag vereinbarten Verbesserungen bei den Erwerbsminderungsrenten auf den Weg bringen. “Gerade angesichts der aktuellen Herausforderungen – sei es durch steigende Preise oder die internationale Krisenlage – ist es wichtig, zu sehen, dass unser Rentensystem funktioniert”, erklärte Heil. “Die Entwicklung der Renten darf nicht von der Entwicklung der Löhne abgekoppelt werden.”

Die Rentenerhöhung fällt höher aus als noch im Herbst angenommen, da sich die Löhne besser entwickelten als vorausgesagt. Der DGB nannte es dennoch falsch, den 2018 ausgesetzten Nachholfaktor wieder wirksam werden zu lassen.

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