Produktion legt erneut zu – Krieg dürfte künftig bremsen

Berlin (Reuters) – Die deutschen Unternehmen haben ihre Produktion im Monat des russischen Einmarsches in die Ukraine überraschend zum fünften Mal in Folge gesteigert.

Industrie, Bau und Energieversorger stellten im Februar zusammen 0,2 Prozent mehr her als im Vormonat, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag mitteilte. Von Reuters befragte Ökonomen hatten mit einer Stagnation gerechnet, nach einem Wachstum von 1,4 Prozent im Januar. Im Vergleich zum Februar 2020 – dem Monat vor Beginn der Corona-Einschränkungen in Deutschland – lag die Produktion 3,8 Prozent niedriger. “Diese Produktionslücke dürfte auf die anhaltende Knappheit an Vorprodukten zurückzuführen sein, durch die viele Unternehmen Probleme haben, eingehende Aufträge abzuarbeiten”, hieß es dazu.

Die Lücke dürfte angesichts des Krieges nicht so schnell geschlossen werden. In den Februar-Daten sei praktisch noch kein Effekt der russischen Invasion der Ukraine enthalten, erklärte das Bundeswirtschaftsministerium dazu. “Seit Kriegsbeginn hat sich die Unsicherheit über den weiteren konjunkturellen Verlauf massiv erhöht”, betonte das Haus von Minister Robert Habeck. “Es ist davon auszugehen, dass der Krieg die Erholung der Industriekonjunktur zunächst bremsen wird.”

AUCH CORONA-ASUBRUCH IN CHINA DÜRFTE BREMSEN

Davon gehen auch Ökonomen aus. “In den kommenden Monaten sollte die Industrieproduktion tendenziell sinken”, sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Die Autoproduktion etwa dürfte schon im März um rund ein Viertel gefallen sein. Außerdem leide die Industrieproduktion wieder unter gestiegenen Nachschubproblemen. “Die für die Automobilherstellung so wichtigen Kabelbäume aus der Ukraine fehlen”, sagte dazu der Chefvolkswirt der VP Bank, Thomas Gitzel.

Hinzu kommt aber noch ein anderes Problem. “China wird noch lange an seiner rigiden Corona-Politik festhalten”, sagte Krämer. Das bremst den wichtigsten deutschen Handelspartner aus, mit dem allein im vergangenen Jahr Waren im Wert von 245,4 Milliarden Euro ausgetauscht wurden. “Außerdem belasten die kriegsbedingt hohen Rohstoffpreispreise”, fügte Krämer hinzu.

Für das leichte Wachstum sorgte im Februar vor allem die Energiewirtschaft, die ein Plus von 4,9 Prozent meldete. “Damit wurde das Gesamtergebnis des stürmischen Februars von einer besonders starken Stromerzeugung aus Windenergie angehoben”, so das Ministerium. Das boomende Baugewerbe meldete diesmal hingegen ein Minus von 0,7 Prozent. Die Industrieproduktion wuchs um 0,1 Prozent.

Die deutsche Industrie hatte im Februar einen überraschend starken Auftragsrückgang erlitten: Die Unternehmen sammelten vor allem wegen der geringeren Auslandsnachfrage 2,2 Prozent weniger Bestellungen ein als im Vormonat. Der Krieg führe zu hohen Unsicherheiten bezüglich der weiteren Entwicklung der Nachfrage, betonte das Wirtschaftsministerium. Der Ausblick für die nächsten Monate falle daher gedämpft aus.

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