Ifo – Steinkohle-Embargo “kurzfristig unangenehm, aber verkraftbar”

Berlin (Reuters) – Ein Embargo für russische Steinkohle wäre für die deutsche Wirtschaft laut Ifo-Institut “kurzfristig unangenehm, aber verkraftbar”.

Das gehe aus den bisher bekannten Eckdaten zu den Kohlevorräten und den Möglichkeiten für den Ersatz der russischen Importe hervor”, erklärte Ifo-Forscherin Karen Pittel am Freitag. “Die Auswirkungen dürften im Vergleich zu einem Importstopp für russisches Erdgas wesentlich geringer ausfallen.” Beim Strom könnte Steinkohle bei Bedarf durch Braunkohle ersetzt werden, was wiederum kurzfristig Mengen verfügbar machen würde, um Nachfrage in der Industrie zu decken. “Eine Erhöhung der Kohlepreise aufgrund eines solchen Embargos dürfte eher kurzfristigen Charakter haben.” Die Auswirkungen auf Russland seien aber ebenfalls überschaubar.

Die Botschafter der 27 EU-Staaten haben sich am Donnerstagabend auf ein fünftes Sanktionspaket gegen Russland geeinigt, wovon erstmals auch russische Energielieferungen betroffen sind. Der Beschluss sieht ein Verbot russischer Kohle-Importe vor, für das eine 120-tägige Übergangsfrist vorgesehen ist. Dies soll EU-Staaten die Möglichkeit geben, andere Lieferanten zu finden.

Jüngst hatte der Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA) erklärt, ein Stopp von Gas- und Ölimporten aus Russland sei kaum zu verkraften. Mit einem Kohle-Embargo könne man dank Alternativen besser umgehen. “Dennoch würden Preise definitiv steigen”, sagte BGA-Präsidiumsmitglied und Logistik-Manager Carsten Taucke damals..

Ifo-Ökonomin Pittel erklärte, zwar hätten die Lieferungen aus Russland im vorigen Jahr 57 Prozent der deutschen Steinkohle-Importe ausgemacht. “Aber es ist zu erwarten, dass dies zumindest im Laufe der kommenden Monate durch Einfuhren aus anderen Ländern ausgeglichen werden könnte.” Zu einer längerfristigen globalen Verknappung von Kohle käme es aufgrund des Embargos voraussichtlich nicht. Ebenso wie Deutschland Verträge mit neuen Lieferanten schließen könne, würde Russland versuchen, auf Abnehmer auszuweichen, die die Sanktionen nicht unterstützen. Freiwerdende Mengen könnten dann etwa von der EU importiert werden. Dann wären zwar die Folgen für die Kohlepreise überschaubar, aber auch die Rückwirkungen auf Russland. Deshalb und wegen der relativ geringen finanziellen Bedeutung von Kohle-Exporten erscheine ein Embargo für Russland wenig bedrohlich, betonte die Ifo-Expertin.

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