Eltville (Reuters) – Bundesbank-Präsident Joachim Nagel hält eine erste Zinsanhebung der EZB im Juli für sinnvoll, sollte der aktuelle Inflationsschub anhalten.
Im gegenwärtigen Umfeld sei es umso wichtiger, dass Notenbanken rechtzeitig handelten, sagte Nagel am Dienstag auf einer Veranstaltung der Bundesbank in Eltville. “Da die Inflation im Euro-Raum weiterhin hochgeht, müssen wir handeln”, sagte er. Er erwarte, dass die Anleihenkäufe der Europäischen Zentralbank EZB) Ende Juni auslaufen. “Und wenn sowohl die hereinkommenden Daten als auch unsere neuen Projektionen diese Sichtweise im Juni bestätigen, werde ich für einen ersten Schritt zur Normalisierung der EZB-Zinsen im Juli plädieren.”
Nun sei die Zeit, um etwas zu tun, sagte Nagel. “Das Zeitfenster ist jetzt gegeben, um wirklich zu zeigen, weswegen wir da sind,” fügte er hinzu. Die Notenbank müsse die Inflation ins Visier nehmen und die Inflationserwartungen nach unten bewegen in Richtung zwei Prozent. “Ich glaube, wir können das wirklich bewerkstelligen,” sagte er. “Meine Präferenz wäre, die erste Zinsanhebung im Euro-System im Juli dieses Jahres zu haben.” Auch der finnische Notenbank-Chef Olli Rehn hatte sich unlängst für eine Zinserhöhung im Juli ausgesprochen. Österreichs Notenbankchef Robert Holzmann hielt zuletzt angesichts der hohen Inflation bis zu drei Zinsanhebungen in diesem Jahr für möglich. Letztmalig hatte die EZB Leitzinsen im Jahr 2011 angehoben.
Das nächste, was er erreichen wolle, sei, den Einlagensatz wieder ins positive Territorium zu bewegen, sagte Nagel. Und der geldpolitische Fokus müsse dann vom Einlagensatz wegbewegt und zurück auf den Leitzins gelegt werden. Aktuell liegt der Einlagensatz im Euro-Raum bei minus 0,5 Prozent. Bei einem Satz unter null Prozent müssen Banken Strafzinsen bezahlen, wenn sie bei der Notenbank überschüssige Gelder parken. Der Leitzins liegt derzeit bei 0,0 Prozent.
NAGEL WARNT VOR VERZÖGERUNG DER ZINSWENDE
Im EZB-Rat sitze aktuell mit dem Notenbankchef der Niederlande Klaas Knot nur ein einziger Währungshüter, der auf einer Sitzung schon einmal eine Zinserhöhung erlebt habe, sagte Nagel. “Ich glaube unser Job ist es nicht nur, die Zinsen zu senken”, ergänzte er. “Es ist unser Job, unter bestimmten Umständen die Zinsen anzuheben.” Diese Zeit komme nun. Laut Nagel sollten die Schritte vorhersehbar, graduell und datenabhängig sein.
Die Inflation in der Euro-Zone war im April auf ein neues Rekordhoch von 7,5 Prozent nach oben geschnellt. Dies bringt die EZB zunehmend unter Zugzwang. Zudem waren auch die Inflationserwartungen an den Märkten kräftig nach oben gegangen. “Eine geldpolitische Wende zu verzögern ist eine riskante Strategie”, warnte Nagel. Je mehr sich der Inflationsdruck ausbreite, umso größer werde dann die Notwendigkeit, eine sehr starke und abrupte Zinserhöhung einzuleiten. Unternehmen und Haushalte würden dann aber übermäßig belastet.