Schröder verliert Alt-Kanzler-Büro – EU-Parlament droht mit Sanktionen

Berlin/Brüssel (Reuters) – SPD-Altkanzler Gerhard Schröder verliert mit sofortiger Wirkung seine Ausstattung mit Mitarbeitern und Büros im Bundestag.

Der Haushaltausschuss des Bundestages beschloss am Donnerstag einen entsprechenden Antrag der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP, den auch die oppositionelle Union mittrug. Demnach wird das Büro des 78-Jährigen mit zuletzt vier Beschäftigten nun abgewickelt.

Schröder war nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine am 24. Februar wegen seiner Nähe zum russischen Präsidenten Wladimir Putin und seiner Posten bei Energieunternehmen des Landes verstärkt in die Kritik geraten. Das Europaparlament will ihn sogar auf die Sanktionsliste gegen Oligarchen setzen. Das Parlament forderte am Donnerstag die 27-EU-Mitgliedstaaten auf, Schröder wie auch die österreichische Ex-Außenministerin Karin Kneissl auf die Sanktionsliste zu nehmen, wenn sie ihre Posten beim russischen Energiekonzern Rosneft nicht aufgeben. Schröder ist Aufsichtsratsvorsitzender, Kneissl Mitglied des Gremiums.

SCHRÖDER-BÜRO WIRD ABGEWICKELT

Formal wird das Büro des früheren Bundeskanzlers im Bundestag ruhend gestellt, faktisch aber abgewickelt. Im vergangenen Jahr beliefen sich die Kosten für Personal und Reisen der Mitarbeiter im Büro des Alt-Kanzlers auf knapp 419.000 Euro. Ausgaben für die Räume und deren Ausstattung sind dabei nicht berücksichtigt. Auf Schröders umstrittene Russland-Kontakte und den Ukraine-Krieg ging der Antrag nicht ein. Diese gaben aber den Anstoß für Streichung der Mitarbeiterstellen.

Seine Versorgungsbezüge und den Personenschutz behält Schröder. Die Amtsausstattung ehemaliger Regierungschefs soll sich künftig generell aus ihren Verpflichtungen ergeben. “Der Haushaltsausschuss fordert die Bundesregierung auf, sicherzustellen, dass die Amtsausstattung ehemaliger Bundeskanzlerinnen und Bundeskanzler nach der fortwirkenden Verpflichtung aus dem Amt erfolgt und nicht statusbezogen”, hieß es in dem Beschlussentwurf. Auch die Union hatte eine Streichung des Büros von Schröder gefordert, wollte darüber hinaus aber auch seine Versorgungsbezüge kippen.

Schröders Büro waren zuletzt noch vier Mitarbeiterstellen zugeordnet. Die Beschäftigten hatten die Zusammenarbeit aber bereits vor Wochen aufgekündigt und darum gebeten, an anderer Stelle eingesetzt zu werden. Schröder war von 1998 bis 2005 Bundeskanzler einer rot-grünen Bundesregierung.

Bundesfinanzminister Christian Lindner begrüßte den Beschluss. “Ein ehemaliger Kanzler, der heute offen Lobbyarbeit für die verbrecherische Herrschaft von Putin macht, sollte dafür kein Büro von den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern gestellt bekommen”, twitterte der FDP-Politiker.

Das Europaparlament verabschiedete eine Resolution, in der es heißt, nach dem Verzicht etlicher westlicher Politiker auf Posten in russischen Konzernen fordere man nachdrücklich, dass andere wie Karin Kneissl und Gerhard Schröder dasselbe täten. Das Parlament forderte, die Liste der von den EU-Sanktionen betroffenen Personen auf die europäischen Mitglieder der Vorstände großer russischer Unternehmen und auf Politiker auszudehnen, die weiterhin russisches Geld erhielten. Bisher ist das Vermögen von hunderten Oligarchen und mit dem russischen Führung verbundene Funktionären aufgrund von EU-Sanktionen in Verbindung mit dem Ukraine-Krieg eingefroren. Europäer mit Spitzenpositionen in russischen Unternehmen sind bisher nicht direkt betroffen.

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