Kiew (Reuters) – In der Ostukraine wird offenbar immer heftiger gekämpft: Die russischen Streitkräfte haben nach Angaben des ukrainischen Generalstabs ihre Offensive in der ostukrainischen Donbass-Region verstärkt.
Sie setzten Artillerie, Raketenwerfer und Flugzeuge ein, um die Verteidigungsanlagen rund um Donezk zu beschädigen, teilte der ukrainische Generalstab am Freitag mit. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach von einer “Hölle”, es gebe zudem ständige russische Angriffe auch auf die südwestliche Region Odessa. “Der Donbass ist völlig zerstört”, sagte er in einer Videoansprache. Reuters konnte die Berichte nicht überprüfen.
Bei russischem Beschuss in Luhansk, ebenfalls im Donbass, seien in den vergangenen 24 Stunden 13 Zivilisten getötet worden, teilte der ukrainische Gouverneur der Region, Serhij Gaidai, mit. Nach Angaben der ukrainischen Generalstaatsanwaltschaft wurden seit Beginn der russischen Invasion 232 Kinder getötet und 427 verwundet. Russland bestreitet die Berichte von ukrainischer und westlicher Seite, gezielt auch zivile Gebäude und Zivilisten ins Visier zu nehmen.
Russische Truppen waren am 24. Februar in das Nachbarland einmarschiert. Seit Wochen versucht die Regierung in Moskau, mit massiver Artillerie- und Panzerunterstützung weitere Gebiete im Donbass zu erobern. Dort kontrollierten prorussische Separatisten bereits seit 2014 Teile der Gebiete Donezk und Luhansk. Russische Truppen waren aber auch in weitere Gebiete vorgedrungen und hatten eine Landverbindung zwischen der 2014 annektierten ukrainischen Halbinsel Krim und dem russischen Staatsgebiet erobert. Dabei spielte die südostukrainischen Hafenstadt Mariupol eine entscheidende Rolle.
Nach Einschätzung des britischen Militärgeheimdienstes wird Russland seine Operationen in der Donbass-Region noch verstärken, sobald seine Streitkräfte Mariupol gesichert haben. Bis zu 1700 ukrainische Soldaten hätten sich in dem Stahlwerk Asowstal in Mariupol ergeben, heißt es in dem Bericht des Geheimdienstes.
US-Außenminister Antony Blinken appellierte vor dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen an Russland, die Blockade der ukrainischen Häfen zu beenden, damit Lebensmittel ausgeführt werden könnten. “Die Lebensmittelversorgung von Millionen von Ukrainern und Millionen weiterer Menschen auf der ganzen Welt ist buchstäblich in Geiselhaft genommen worden”, sagte er. Der frühere russische Präsident Dmitri Medwedew wies die Vorwürfe auf Telegram zurück und machte seinerseits die westlichen Sanktionen für die Probleme auf den internationalen Nahrungsmittelmärkten verantwortlich.
CHINA KAUFT RUSSISCHES ÖL
Nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters aus Kreisen von Reedern und Ölhändlern erhöht China still und leise seine Ölkäufe aus Russland zu günstigen Preisen und füllt damit das Vakuum, das die westlichen Käufer hinterlassen haben. Diese ziehen sich nach dem Einmarsch in die Ukraine aus dem Geschäft mit Russland zurück. China hatte als weltgrößter Ölimporteur die russischen Lieferungen zunächst zurückgefahren, weil es befürchtete, Moskau offen zu unterstützen und seine staatlichen Ölgiganten möglicherweise westlichen Sanktionen auszusetzen.
Nach einer Schätzung von Vortexa Analytics werden Chinas russische Ölimporte auf dem Seeweg im Mai aber nun auf einen Rekordwert von 1,1 Millionen Barrel pro Tag ansteigen, gegenüber 750.000 im ersten Quartal und 800.000 im Jahr 2021. Die russische Regierung betont seit Tagen, dass die westlichen Energiesanktionen das Land nicht treffen würden, weil es genug andere Käufer auf der Welt gebe. In der EU wird derzeit über ein Ölembargo gegen Russland diskutiert.
(Reuters-Büros, geschrieben von Andreas Rinke; redigiert von Hans Seidenstücker; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)