Bund legt Klimaprogramm für Verkehr und Bau vor – Streit um Gesamtplan

Berlin (Reuters) – Die Bundesregierung ist mit ihrem Plan für ein übergreifendes Klima-Sofortprogramm vorerst gescheitert und legt zunächst eine Strategie für Teilbereiche vor.

Die Ministerien für Klima-, Bau und Verkehr legten am Mittwoch nur einen Plan für den Gebäude- und Verkehrssektor vor, um wieder auf Kurs für die Ziele dieser Bereiche zu kommen. Dazu verpflichtet sie das Klimaschutzgesetz, da hier die jeweiligen Vorgaben zum CO2-Ausstoß für 2021 verfehlt wurden. Eigentlich wollte die Regierung an diesem Mittwoch im Kabinett aber ein umfassendes Programm über alle Sektoren und Ministerien hinweg präsentieren, mit dem Deutschland bis 2030 seinen CO2-Ausstoß um 65 Prozent gegenüber 1990 senken wollte. Dies scheiterte vor allem am Streit zwischen Klimaminister Robert Habeck (Grüne) und Verkehrsminister Volker Wissing (FDP). Es soll nun im September kommen.

Mit einem übergreifenden Klimaschutz-Sofortprogramm hätte man die Einzelpläne faktisch überflüssig machen können, da sie im Gesamtplan aufgegangen wären. Die Einzel-Programme kranken nun daran, dass sie weder verlässlich finanziert noch einzelne Vorschläge etwa im Verkehrssektor geeint sind, da auch andere Ministerien eingebunden werden müssten.

Das Klimaschutzgesetz schreibt für jeden Sektor und jedes Jahr Obergrenzen zum CO2-Ausstoß von CO2 vor, die sowohl Gebäude- wie Verkehrssektor im vergangen Jahr gerissen hatten. Im Gebäudebereich soll nun vor allem die Sanierung vorangetrieben werden. Es soll in mehr Häusern weniger Energie verbraucht und mit Wärmepumpen oder erneuerbaren Energie statt mit Öl- oder Gas geheizt werden. Dafür werde das Gebäude-Energie-Gesetz verschärft, so dass alle neu eingebauten Heizungen ab 2024 einen Anteil von 65 Prozent erneuerbarer Energie haben. Bis 2030 soll es sechs Millionen Wärmepumpen geben, die vorwiegend mit Ökostrom betrieben werden. Die Bau-Förderung effizienter Häuser soll das Gesetz begleiten.

“Das Wirtschaftsministerium und das Bauministerium müssen nachsitzen in den Sommerferien, weil wir die Klassenziele des letzten Jahres verfehlt haben”, sagte Bauministerin Klara Geywitz. Klima-Staatssekretär Patrick Graichen räumte ein, dass man die Ziele auch in den nächsten Jahren wohl verfehlen werde: “Dann aber, wenn die Maßnahmen richtig wirken, wird es zur zweiten Hälfte der 2020er bedeuten, dass wir unsere Sektorziele übererfüllen und so insgesamt bis 2030 die Minderungen erbringen.”

Der Verkehrssektor ist besonders problematisch, da hier seit 1990 die Emissionen kaum gesenkt wurden. Wissing sagte, mit den Instrumenten werden man die Verfehlung der Ziele 2021 ausgleichen können. Er räumte aber auch ein: “Ein Großteil dieser Maßnahmen wird aber erst nach und nach greifen, beispielsweise aufgrund der langen Realisierungszeiten für Infrastrukturprojekte.” Er schlug mehr Investitionen in den Nahverkehr vor und möchte die Bus- und Bahn-Nutzung in Abstimmung mit den Bundesländern vereinfachen. Zudem sollen weitere 250 Millionen Euro für das Radwege-Netz bis 2030 eingesetzt werden. Die Minderung von CO2-Emissionen bei Kraftstoffen soll erhöht werden, etwa über sogenannte E-Fuels oder Biokraftstoffe. Auch der Masterplan zum Aufbau von E-Ladesäulen wird genannt. Es fehlen aber die großen Streitpunkte wie die weitere Förderung der E-Mobilität, die Kfz- und Dienstwagenbesteuerung oder die künftige Höhe der Lkw-Maut, die sich auch am CO2-Ausstoß ausrichten soll.

Dies alles sollte eigentlich im umfassenden Klimaschutz-Sofortprogramm auftauchen, auf das es vor der Sommerpause keine Einigung ab. Entwürfe des Mammutvorhabens, für das praktisch alle Ministerien zuliefern müssen, haben über 100 Seiten. Es umfasst Themen von einer klimafreundlicheren Landwirtschaft mit geringerer Fleisch-Produktion, den Umbau der Industrie bis hin zu bereits beschlossene Vorhaben wie den Ausbau Erneuerbarer Energien. Viele sind jedoch nicht nur strittig, auch die Finanzierung ist offen.

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