Urlauber vor neuem Ungemach – Warnstreik bei Lufthansa

Berlin/Düsseldorf (Reuters) – Ausgerechnet in der Hauptreisezeit droht Urlaubern an deutschen Flughäfen noch mehr Chaos als ohnehin: Die Gewerkschaft Verdi hat das Bodenpersonal der Lufthansa zu einem eintägigen Warnstreik in dieser Woche aufgerufen.

Der Ausstand solle von 3.45 Uhr am Mittwoch bis sechs Uhr am Donnerstagmorgen an allen Lufthansa-Standorten stattfinden, kündigte die Gewerkschaft am Montag an. Wegen der Beteiligung von Mitarbeitern, die für die richtige Positionierung von Flugzeugen sorgen, werde es zu größeren Flugausfällen und Verzögerungen kommen. Lufthansa-Personalchef Michael Niggemann bezeichnete den Warnstreik als “unzumutbar”. Der Arbeitgeberverband BDA warf Verdi vor, den Urlaubswunsch der Menschen “schamlos” für einen Vorteil in den Tarifverhandlungen auszunutzen. “In diesen Tagen der vielfältigen Krisen ist Kooperation das Gebot der Stunde”, erklärte BDA-Chef Steffen Kampeter. Verdi solle den Streik absagen und verhandeln.

VERDI MACHT DRUCK

Mit dem Warnstreik will die Gewerkschaft in den laufenden Tarifverhandlungen für die rund 20.000 Beschäftigten der Lufthansa am Boden den Druck erhöhen. Das in der zweiten Verhandlungsrunde vorgelegte Angebot des Arbeitgebers sei aus Sicht der Verdi-Mitglieder unzureichend, gab die Gewerkschaft zur Begründung an. Verdi fordert eine Lohnerhöhung von 9,5 Prozent oder mindestens 350 Euro mehr pro Monat. Die Gewerkschaft argumentierte, die enorme Arbeitslast der Beschäftigten in der Krisenzeit rechtfertige eine kräftige Lohnerhöhung. “Sie brauchen dringend mehr Geld und sie brauchen Entlastung – für sich selber und für die Passagiere. Dazu reicht das Arbeitgeberangebot vorne und hinten nicht”, erklärte die stellvertretende Verdi-Vorsitzende Christine Behle. Die Passagiere bat sie um Verständnis.

Lufthansa-Manager Niggemann verurteilte den Arbeitskampf. “Verdi hat nach nur zwei Verhandlungstagen einen Streik angekündigt, den man aufgrund der Breite über alle Standorte hinweg und der Dauer kaum noch als Warnstreik bezeichnen kann”, kritisierte er. Die Airline habe trotz der nach Corona immer noch angespannten Lage bereits Vergütungserhöhungen vorgelegt. So biete die Lufthansa den Beschäftigten der Lufthansa am Boden, in den Sparten Technik und Cargo und bei anderen Konzerntöchtern unter anderem eine monatliche Gehaltserhöhung von 150 Euro ab Juli 2022, 100 Euro ab Januar 2023 und eine zweiprozentige Vergütungserhöhung ab Juli 2023 je nach Geschäftsentwicklung. Bezogen auf 3000 Euro Grundvergütung brutto im Monat sei das eine Steigerung von neun bis elf Prozent. Die nächste Verhandlungsrunde findet am 3./4. August in Frankfurt statt.

FLUGAUSFÄLLE

Wie viele zusätzliche Flugausfälle der Ausstand verursachen werde, sei noch nicht klar, erklärte die Lufthansa. Da im Luftverkehr an allen Ecken und Enden Personal fehlt, musste die Airline bisher schon rund 6000 Flüge im Sommer streichen. Aber auch andere Fluggesellschaften werden betroffen sein, so wie vom generellen Engpass während des Reisebooms nach der Pandemie. Am Airport Düsseldorf erledigt die Lufthansa-Gesellschaft LEOS rund drei Viertel aller “Push-Backs”, also das Herausschieben der Flugzeuge aus der Parkposition in Richtung Startbahn. Bei 430 für Mittwoch geplanten Flügen mit rund 57.000 Passagieren seien gravierende Beeinträchtigungen zu erwarten, erklärte der Flughafen Düsseldorf. In Frankfurt ist die Lage weniger kritisch: Neben LEOS schleppen dort die eigenen Bodenverkehrsdienste des Betreibers Fraport sowie der Dienstleister Wisag die Flieger, erklärte ein Sprecher.

(Bericht von Zuzanna Szymanska, Ilona Wissenbach, Anneli Palmen. Mitarbeit von Matthias Inverardi. Redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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