Berlin (Reuters) – Die Kaufprämien für reine E-Autos sinken ab 2023 und die für Hybrid-Wagen werden komplett gestoppt. Die staatliche Prämie für rein elektrische Autos werden von derzeit 6000 Euro zum Jahreswechsel auf 4500 Euro für Wagen mit einem Netto-Listen-Preis unter 40.000 Euro sinken, teilte das Wirtschaftsministerium am Dienstagabend mit. Die Anreize laufen Regierungskreisen zufolge komplett aus, sobald für 2023 und 2024 insgesamt 3,4 Milliarden Euro aus dem Haushalt ausgeschöpft sind. Für 2023 sind 2,1 Milliarden eingeplant, für das Folgejahr 1,3 Milliarden. Zuvor war noch von 2,5 Milliarden Euro insgesamt die Rede gewesen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sagte voraus, diese Jahr würden bereits fast zwei Millionen E-Fahrzeuge auf den Straßen seien. Bald brauche es keine Förderung mehr: “Für die nun anstehende Förderphase setzen wir einen klaren Fokus auf Klimaschutz und konzentrieren die Förderung auf rein batterieelektrische Fahrzeuge.”
Die Autobranche will die Prämie auch in Zukunft aufstocken. Es gilt als sicher, dass sie wie bisher 50 Prozent zuschießt. Die Summe sinkt damit aber analog zur Staatsprämie. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) sprach von einem heftigen Dämpfer für den Anreiz zum E-Auto-Kauf. Unverständlich sei es zudem, dass die Prämie nur noch an private Käufer ausgezahlt werden solle und Handwerker oder Gewerbe künftig leer ausgingen. Diese Regelung ist ab September 2023 geplant. Genau wie der ADAC kritisierte sie die Kopplung der Zahlung an den Zulassungs- und nicht an den Kaufzeitpunkt.
Für rein elektrische Autos mit einem Wert von über 40.000 Euro wird die Prämie ab Januar 2023 auf 3000 Euro von bisher 5000 Euro festgelegt. Über einem Fahrzeugwert von 65.000 Euro gibt es wie bisher keinen Zuschuss, ab 2024 gilt dies schon ab 45.000 Euro. Zu dem Zeitpunkt sinkt auch die Prämie für günstigere Autos weiter auf dann 3000 Euro.
Die Neuregelungen werfen für Käufer einige Fragen auf: Wegen der extrem langen Lieferfristen für E-Autos könnten viele Interessenten die aktuellen, höheren Prämien gar nicht mehr bekommen. Derzeit sind es bis zu 9000 Euro (6000 Staat/3000 Hersteller), künftig könnten es dann noch 6750 Euro (4500 Staat/2250 Hersteller) sein – wenn die Hersteller weiter 50 Prozent des Staatsanteils drauflegen. Grund ist, dass die Auszahlung an die Zulassung und nicht das Kaufdatum gebunden ist. “Durch die zusätzliche Deckelung der Förderung und des unklaren Vergabezeitpunktes droht die Prämie zu einem Glücksspiel für die Verbraucherinnen und Verbraucher zu werden”, kritisierte die Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), Hildegard Müller.
Der ADAC sprach sich ebenfalls für eine Koppelung an das Kaufdatum aus und verlangte zumindest eine Garantie für Kunden, die Autos schon bestellt hätten: “Hier muss es einen Bestandsschutz geben”, sagte Präsident Gerhard Hillebrand der Funke Mediengruppe. Insgesamt sei die Kürzung der Förderung aber richtig: “Mittelfristig muss sich die E-Mobilität am Markt bewähren, insofern ist das Abschmelzen der Förderung vernünftig.”
HYBRIDE MIT UMSTRITTENER KLIMABILANZ
Der Zuschuss beim Kauf von sogenannten Plug-In-Hybriden mit Verbrennungsmotor und aufladbarem Elektroantrieb wird den Angaben zufolge am Ende des laufenden Jahres komplett abgeschafft. Für das Aus hatte sich Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) eingesetzt. Die Klimabilanz der Hybride gilt als zweifelhaft, da diese mit ihren zwei Motoren oft besonders schwer sind. Zudem wird häufig nur mit dem Verbrenner gefahren, die Reichweite des E-Motors ist gering. Hier hat sich den Regierungskreisen zufolge Habeck durchgesetzt. Finanzminister Christian Lindner (FDP) setzte sich mit dem Deckel für die Ausgaben durch.
Die Regelungen gelten auch als Kernpunkte des Verkehrssektors im geplanten Klimasofortprogramm der Regierung. Dieses sollte eigentlich bereits beschlossen sein. Auch wegen der Debatten zwischen Wirtschafts- und Klimaministerium auf der einen und Finanz- und Verkehrsministerium auf der anderen wurde dies verschoben.
Der Verkauf von rein elektrischen Autos hatte sich 2021 auch dank der Prämien im Vergleich zu 2020 mit 328.000 fast verdoppelt. Insgesamt sind jetzt über 600.000 auf deutschen Straßen unterwegs. Zählt man Hybride dazu, sind es deutlich über eine Million. Der Anteil reiner E-Autos an den Neuzulassungen lag zuletzt bei etwa 14 Prozent. Für den Klimaschutz peilt die Ampel-Koalition bis 2030 mindestens 15 Millionen E-Autos an. Das Bundeskabinett wird am Mittwoch den Haushaltsplan des Klima- und Transformationsfonds (KTF) beschließen, aus dem die Förderung gespeist wird.
(Bericht von: Markus Wacket; redigiert von Scot W. Stevenson; Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)