Peking (Reuters) – Für die chinesische Wirtschaft hat die zweite Jahreshälfte mit einem Fehlstart begonnen.
Der Einkaufsmanagerindex für die Industrie fiel im Juli unerwartet deutlich um 1,3 auf 50,4 Punkte, wie aus der am Montag veröffentlichten Umfrage von Caixin/Markit unter vorwiegend exportorientierten privaten Unternehmen hervorgeht. Das Barometer hält sich damit nur knapp über der Marke von 50, ab der es Wachstum signalisiert. Von Reuters befragte Ökonomen hatten lediglich einen leichten Rückgang auf 51,5 Zähler erwartet. Zuvor war der offizielle Einkaufsmanagerindex, der vor allem große staatseigene Industriebetriebe abdeckt, überraschend um 1,2 auf 49,0 Punkte gefallen.
“Die Hoffnung, dass sich die Industrie nach dem Ende drastischer Lockdown-Maßnahmen – die im April wichtige Wirtschaftsregionen stillgelegt haben – wieder deutlich belebt, haben durch die Daten einen Dämpfer bekommen”, kommentierte Commerzbank-Ökonom Bernd Weidensteiner die Entwicklung. Auf der einen Seite belaste die weltwirtschaftliche Schwäche den Exportweltmeister. Auf der anderen Seite stottere aber auch die Binnenwirtschaft. “Denn die Regierung hat ihren harten Corona-Kurs erst kürzlich wieder bekräftigt”, sagte Weidensteiger. Dadurch bestehe immer wieder das Risiko von Produktionsstörungen durch Lockdown-Maßnahmen.
Das dürfte auch die deutsche Wirtschaft zu spüren bekommen. Schließlich ist China ihr mit Abstand wichtigster Handelspartner: 2021 wurden Waren im Wert von 245 Milliarden Euro zwischen den beiden Ländern gehandelt.
In der Volksrepublik schürt auch eine Immobilienkrise die Konjunktursorgen. Eine Umfrage der China Index Academy zufolge, eines der größten unabhängigen Immobilienforschungsunternehmen des Landes, brachen die Immobilienverkäufe nach Fläche in 17 erfassten Städten im Juli um ein Drittel zum Vormonat ein. Damit droht der Immobiliensektor als Wachstumsmotor auszufallen.
Spitzenpolitiker haben angesichts des Gegenwinds bereits signalisiert, dass die Regierung von ihrem für dieses Jahr ausgegebenen Wachstumsziel von rund 5,5 Prozent abrücken könnte. Im zweiten Quartal war das Bruttoinlandsprodukt lediglich um 0,4 Prozent zum Vorjahreszeitraum gewachsen. “Jeder macht sich Sorgen um eine Stagnation”, sagte Nie Wen, ein in Shanghai ansässiger Ökonom bei Hwabao Trust. “In der zweiten Jahreshälfte wird es wirtschaftlich wichtiger sein, die Erholung des Konsums zu beschleunigen.”
Es gibt aber auch kleine Lichtblicke. Die Einzelhandelsumsätze stiegen im Juni um 3,1 Prozent zum Vorjahresmonat, nachdem die Corona-Lockdowns in einigen Städten wie Shanghai aufgehoben wurden. Auch die Arbeitslosenquote ging zurück, und zwar von 5,9 Prozent im Mai auf 5,5 Prozent.