EZB-Währungshüter Kazaks für weiteren XXL-Zinsschritt im Oktober

Washington (Reuters) – Die Europäische Zentralbank (EZB) sollte aus Sicht von Lettlands Notenbankchef Martins Kazaks im Kampf gegen die hohe Inflation im Oktober einen weiteren XXL-Zinsschritt beschließen.

Kazaks zufolge ist eine erneute Erhöhung des Einlagenzinses um 0,75 Prozentpunkte wie im September sinnvoll, wie er am Donnerstag der Nachrichtenagentur Reuters am Rande des Jahrestreffens des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Washington sagte. “Ein großer Schritt beim nächsten Treffen ist gerechtfertigt, und ich denke, 75 Basispunkte sind angemessen”, sagte Kazaks. Die nächste EZB-Zinssitzung ist am 27. Oktober. “Im Dezember können wir auch einen signifikanten großen Schritt machen, aber ob es 50, 75 oder etwas anderes sein wird, das steht zur Diskussion”, fügte das EZB-Ratsmitglied hinzu.

Danach könnten die Zinsschritte dann kleiner ausfallen und mit weiteren geldpolitischen Maßnahmen flankiert werden, sagte der Währungshüter. Kazaks zufolge könnte dazu auch eine Verringerung der im Zuge der Kaufprogramme der vergangenen Jahre stark angeschwollenen Anleihenbestände gehören. Ein solcher Schritt wird von Notenbank-Experten als ‘quantitative Straffung’ (QT) bezeichnet. Bundesbank-Präsident Joachim Nagel sprach sich am Donnerstag in Washington dafür aus, mit dem Abbau der Anleihenbestände 2023 zu beginnen.

Die EZB leitete im Juli die Zinswende ein und hat bislang ihre drei Schlüsselzinsen rasch in zwei Schritten um insgesamt 1,25 Prozentpunkte erhöht. Der Leitzins liegt damit inzwischen bei 1,25 Prozent. Und der für die Finanzmärkte derzeit maßgebliche Einlagensatz beträgt aktuell 0,75 Prozent. An den Börsen wird aktuell damit gerechnet, dass der Einlagensatz bis zum Jahresende auf rund zwei Prozent angehoben und dann im Frühjahr 2023 auf rund drei Prozent weiter nach oben gesetzt wird.

Kazaks argumentierte zudem dahingehend, dass Regierungen zwar jetzt mit gezielten fiskalischen Stützungsmaßnahmen den Schwächsten in der Gesellschaft helfen sollten. Aber es bestehe die Gefahr, dass Geldpolitik und Fiskalpolitik auseinanderdriften. “Die Fiskalpolitik darf nicht zum Inflationsdruck beitragen, und das ist ein schmaler Grat”, warnte Kazaks. Finanzpolitik müsse sich ihrer Wirkung bewusst sein. Regierungen müssten den weniger wohlhabenden Teilen der Gesellschaft helfen. “Aber sie dürfen es nicht übertreiben, denn dann werden wir die Zinsen weiter anheben müssen.” Und dies würde beispielsweise die Risiken für die Finanzstabilität verstärken.

(Bericht von Balazs Koranyi; Bearbeitet von Frank Siebelt; Redigiert von Birgit Mittwollen.; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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