EZB-Währungshüter Vasle für weitere große Zinsschritte

– von Balazs Koranyi

Washington (Reuters) – Die EZB sollte aus Sicht von Sloweniens Notenbankchef Bostjan Vasle auf ihren letzten beiden geldpolitischen Sitzungen in diesem Jahr die Zinsen im Kampf gegen die hohe Inflation erneut in großen Schritten anheben.

Angesichts der Dynamik bei der Inflation müsse sowohl im Oktober als auch im Dezember mit den Zinserhöhungen fortgefahren werden, sagte das Ratsmitglied der Europäischen Zentralbank (EZB) der Nachrichtenagentur Reuters am Rande des Jahrestreffens des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank in Washington. “Ich denke, dass unser jüngstes Tempo bei den Anhebungen auch bei unseren nächsten beiden Treffen angemessen ist”, sagte er. Dabei bezog sich Vasle auf die Zinserhöhung um 0,75 Prozentpunkte im September – ein für die EZB ungewöhnlich starker Zinsschritt.

Die Inflation im Euro-Raum war im September auf das Rekordniveau von zehn Prozent geklettert. Damit ist die Teuerung inzwischen fünf Mal so hoch wie das Ziel der EZB von zwei Prozent. Die nächste Zinssitzung findet am 27. Oktober statt, die letzte Zinssitzung in diesem Jahr ist dann für den 15. Dezember geplant. Der Einlagensatz in Höhe von aktuell 0,75 Prozent ist aus Sicht von Vasle immer noch so niedrig, dass die Wirtschaft angetrieben wird. Dieser Zins, aktuell der wichtigste für die Finanzmärkte, müsse auf ein Niveau angehoben werden, bei dem die Konjunktur gebremst werde.

Währungshüter hatten zuletzt erklärt, zunächst sollten die Zinsen auf ein neutrales Niveau angehoben werden, das die Wirtschaft weder antreibt noch bremst. Aus Sicht der Finanzmärkte liegt dieses Niveau beim Einlagensatz derzeit bei etwa 1,5 bis 2,0 Prozent. Vasle zufolge wird das aber nicht ausreichen, um die Inflation zu bändigen. “Ich bin der Auffassung, dass wir über das neutrale Niveau hinausgehen müssen, um den Inflationsdruck zu beruhigen, der sich derzeit in der Pipeline befindet”, sagte Vasle.

Aus seiner Sicht sollte nach Erreichen des neutralen Zinsniveaus über einen Abbau der durch die jahrelangen Anleihenkäufe aufgeblähten EZB-Bilanz gesprochen werden. Inzwischen ist Bilanz der Euro-Notenbank auf fast neun Billionen Euro angeschwollen. Im Blick hat der Gouverneur der Banka Slovenije insbesondere die Bestände des Anleihenkaufprogramms APP im Volumen von rund 3,3 Billionen Euro. Aktuell werden auslaufende Anleihen aus diesem Programm weiterhin vollständig ersetzt. “Nach Erreichen des neutralen Niveaus wäre es meiner Meinung nach ein geeigneter Zeitpunkt, um mit der Diskussion von Optionen für eine Umkehrung des Programms zum Ankauf von Vermögenswerten (APP) zu beginnen”, sagte Vasle.

Der Bilanzabbau über ein Abschmelzen der Anleihenbestände wird in der Fachwelt als Quantitative Straffung bezeichnet. “Höchstwahrscheinlich wird 2023 der geeignete Zeitpunkt für Diskussionen und Entscheidungen bezüglich des APP sein”, sagte Vasle. Die Reinvestitionen im Pandemie-Anleihenkaufprogramm PEPP sollten dagegen Vasle zufolge wie geplant weitergehen. Für dieses Kaufprogramm stellt die EZB bislang in Aussicht, dass auslaufende Anleihen bis mindestens Ende 2024 wieder vollständig ersetzt werden.

(Bearbeitet von Frank Siebelt; Redigiert von Kerstin Dörr; ei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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