– von Christian Krämer
Berlin (Reuters) – Die mit der sprunghaft gestiegenen Inflation kämpfenden Notenbanken sollten die Zinsen laut Internationalem Währungsfonds weiter anheben.
Sie müssten in den “neutralen Bereich”, der die Konjunktur weder anschiebt noch bremst, sagte IWF-Chefin Kristalina Georgiewa am Mittwoch in Berlin der Nachrichtenagentur Reuters. Die meisten Länder seien da noch nicht.
Für Europa wird an den Finanzmärkten derzeit davon ausgegangen, dass das neutrale Niveau beim Einlagensatz – dem Zinssatz auf geparkte Einlagen von Geschäftsbanken bei ihren Notenbanken – in einer Spanne zwischen 1,5 und 2,0 Prozent liegt. Aktuell liegt der Satz aber erst bei 0,75 Prozent. Auch laut EZB-Präsidentin Christine Lagarde ist es das erste Ziel der Europäischen Zentralbank, in den neutralen Bereich zu kommen. Dann müsse geschaut werden, ob das ausreiche, um zum EZB-Inflationsziel von zwei Prozent zurückzukehren. Manche Währungshüter sind der Auffassung, dass dies nicht genügen werde.
Die EZB tagt am Donnerstag erneut. Experten rechnen dabei mit einer Zinserhöhung um weitere 0,75 Prozentpunkte. Im September lag die Inflation im Euro-Raum bei 9,9 Prozent – die höchste Rate seit Einführung der Gemeinschaftswährung. Treiber sind vor allem die hohen Energie- und Lebensmittelpreise seit dem russischen Angriff auf die Ukraine Ende Februar.
Georgiewa sagte, die hohe Inflation führe zu weniger Wirtschaftswachstum. “Es trifft die ärmsten Teile der Bevölkerung am härtesten.” Deswegen müssten die Notenbanken alles tun, um die Inflation zu drücken. “Es dauert sechs bis neun Monate, um wirkliche Effekte zu sehen.” Dann profitierten die Länder aber von den Zinserhöhungen. “Man braucht ein wenig Geduld.” Brasilien habe die Zinsen sehr früh schon angehoben, dort werte die Währung mittlerweile wieder auf. Im Jahr 2024 sollten sich überall Ergebnisse der Notenbank-Maßnahmen zeigen.
(Bericht von Christian Krämer, Mitarbeit von Frank Siebelt; redigiert von Kerstin Dörr. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)