China protestiert gegen Stark-Watzingers Taiwan-Besuch

Peking/Taipeh/Berlin (Reuters) – Der Taiwan-Besuch von Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger ist in China auf starke Kritik gestoßen.

Man habe der deutschen Botschaft eine scharfe Protestnote gegen den Besuch übergeben, teilte das Außenministerium in Peking am Dienstag mit. Bereits kurz zuvor hatte sich China “ernsthaft besorgt” erklärt wegen einer angekündigten Zwischenlandung von Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen in den USA auf ihrem Flug zu einer Mittelamerika-Reise. Die Führung in Peking, die das demokratische Taiwan als abtrünnige Provinz ansieht, vermutet hinter den Besuchen eine politische Stärkung Taiwans und eine mögliche Veränderung der Ein-China-Politik – was sowohl die USA als auch Deutschland dementiert haben.

Stark-Watzinger erklärte am Dienstag in Taipeh, es sei ihr eine große Freude, als erste Ministerin an der Spitze eines deutschen Fachministeriums seit 26 Jahren den “geschätzten Partner” Taiwan zu besuchen. Sie unterzeichnete ein Technologie-Kooperationsabkommen mit Wissenschaftsminister Wu Tsung-tsong. Es sei ihrem Ministerium und ihr selbst “sehr wichtig, die Zusammenarbeit mit gleichgesinnten Partnern zu fördern”, betonte die FDP-Politikerin. “Diese Vereinbarung steht für eine verstärkte Zusammenarbeit auf der Grundlage der demokratischen Werte Transparenz, Offenheit, Gegenseitigkeit und wissenschaftliche Freiheit.”

In der Zwischenzeit hatte es durchaus Treffen deutscher und taiwanesischer Minister gegeben, allerdings dann in Deutschland oder Drittstaaten. Nach der deutschen Auslegung der Ein-China-Politik sind direkte Kontakte zu Taiwan nur dem Bundespräsidenten, dem Kanzler, der Bundestagspräsidentin, der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Bundesratspräsident, der Außenministerin sowie dem Verteidigungsminister untersagt. Die Bundesregierung hat ihre Beziehungen zu Taiwan aber in den vergangenen Monaten ausgeweitet und befürwortet auch, dass das Land einen Beobachterstatus in internationalen Organisationen wie etwa der Weltgesundheitsbehörde erhält.

Die US-Regierung spielte ihrerseits die Bedeutung der Zwischenlandung der taiwanesischen Präsidentin in Los Angeles herunter. “Aus unserer Sicht gibt es nichts Neues”, sagte ein US-Regierungsvertreter mit Blick auf frühere Prozeduren bei Reisen von Politikern aus Taiwan. Nach Angaben von Insidern will sich der Präsident des Repräsentantenhauses von den oppositionellen Republikanern, Kevin McCarthy, zu Gesprächen mit Tsai treffen. Taiwan bestätigte das Treffen nicht und will den genauen Fahrplan der Reise erst später bekanntgeben. Die USA gelten als Schutzmacht Taiwans.

Die Spannungen zwischen den USA und China hatten sich vergangenen August verschärft, als McCarthys demokratische Vorgängerin, Nancy Pelosi, Taiwan einen offiziellen Besuch abstattete. China wertete das als Provokation und Versuch, eine Unabhängigkeit Taiwans zu stärken. China steigerte in der Folge seine militärischen Aktivitäten in unmittelbarer Nachbarschaft Taiwans deutlich.

(Bericht von Yew Lun Tian, Fabian Hamacher, Ben Blanchard, Andreas Rinke; redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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