Kiew (Reuters) – Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat der Ukraine auch mit Blick auf die US-Präsidentschaftswahl die volle Unterstützung Deutschlands im Abwehrkampf des russischen Angriffskriegs zugesichert.
“Wir als deutsche Bundesregierung, als größtes Land Europas, wissen um unsere Verantwortung”, sagte Baerbock nach einem Treffen mit dem ukrainischen Außenminister Andrij Sybiha am Montag in Kiew und fügte hinzu: “Ihr seid nicht alleine.” Mit Blick auf den nahenden Winter und die anhaltenden russischen Angriffe auf die Energieversorgung sagte Baerbock dem Land weitere 200 Millionen Euro an Winterhilfe zu.
Sybiha dankte Deutschland, mahnte zugleich aber, dass die Ukraine endlich westliche Waffen mit größerer Reichweite dazu einsetzen können dürfe, russische Stützpunkte hinter der Grenze anzugreifen. “Das ist unser Recht.” Zudem müssten die verbündeten westlichen Staaten auch dazu übergehen, selbst russische Raketen und Drohnen über der Ukraine abzuschießen. Schließlich brauche die Ukraine weitere Mittel zur Flugabwehr. Dies sei nicht nur für den Schutz der Städte wichtig, sondern auch zur Verteidigung der ukrainischen Atomanlagen. Es gebe Hinweise, dass Russland diese Anlagen angreifen wolle.
Baerbock betonte, Russlands Präsident Wladimir Putin zeige nach wie vor keine Anstalten, offen für Verhandlungen zu sein. Stattdessen habe der “Terror aus der Luft gerade in den letzten Wochen eine neue Dimension angenommen”. Russland habe die Ukraine in diesem Jahr mit 7000 Drohnen angegriffen, 2000 davon allein im Oktober. Allein in Kiew habe es im Oktober 65 Mal Luftalarm gegeben, zumeist in der Nacht. “Das ist ein Zermürbungskrieg”, sagte Baerbock. Die Ukrainerinnen und Ukrainer “sollen im Bunker bei Minusgraden im Dunklen frieren”.
SEHNSUCHT NACH FRIEDEN
Baerbock war am Morgen zu ihrem achten Besuch seit Beginn des russischen Angriffskriegs im Februar 2022 in Kiew eingetroffen. “Fast 1000 Tage erschüttert Putins Krieg den Alltag der Ukrainerinnen und Ukrainer – nicht aber ihren Mut und ihre Hoffnung auf ein sicheres Leben in einer freien Ukraine”, erklärte die Ministerin bei ihrer Ankunft. “Fast 1000 Tage sehnen sich die Ukrainerinnen und Ukrainer nach Frieden.” Nach dem Treffen mit Außenminister Sybiha war auch eine Begegnung mit Präsident Wolodymyr Selenskyj geplant.
Am Mittag besuchte die Ministerin eine Gepard-Flugabwehrstellung des ukrainischen Militärs in der Nähe der Hauptstadt. Die Besatzung des von Deutschland bereitgestellten Panzers hatte nach eigenen Angaben erst am Freitag drei russische Drohnen abgeschossen. Sie bat zugleich um mehr Unterstützung mit Material und Munition bei der Luftabwehr. Im Anschluss besichtigte die Ministerin eine Energieanlage im Großraum Kiew, die mehrfach von russischen Raketen beschossen und mit deutscher Unterstützung wieder aufgebaut worden ist.
Russland greift auch den Großraum Kiew kontinuierlich mit Drohnen an, zumeist in der Nacht. Mit Blick auf den anstehenden Winter gerät auch wieder zunehmend die Energieinfrastruktur ins Visier der Angreifer, um die Versorgung der Zivilbevölkerung mit Strom und Wärme einzuschränken. Die Ukraine fürchtet auch mit Blick auf die US-Präsidentschaftswahl am Dienstag, künftig nicht mehr ausreichend vom Westen unterstützt zu werden.
(Bericht von Alexander Ratz, redigiert von Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich an berlin.newsroom@thomsonreuters.com)