Paris/Berlin (Reuters) – Deutschland und Frankreich setzen sich dafür ein, die EU-Sanktionen gegen Syrien nach dem Sturz von Machthaber Baschar al-Assad zu lockern.
Damit solle die Lieferung von humanitären Gütern erleichtert und der Wiederaufbau des Landes angekurbelt werden, sagte der französische Außenminister Jean-Noel Barrot am Mittwochmorgen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Aus dem Auswärtigen Amt in Berlin verlautete am Dienstagabend, es werde “aktiv” darüber diskutiert, “wie wir die syrische Bevölkerung in bestimmten Sektoren von Sanktionen entlasten können”.
Ein Sprecher des Berliner Ministeriums sagte am Mittwoch in Berlin, die Bundesregierung habe bereits Ideen zu der Thematik eingebracht. Nach dem Sturz Assads gebe es eine neue Lage. “Und damit stehen natürlich auch die bestehenden Sanktionen auf dem Prüfstand.” Strafmaßnahmen gegen diejenigen, die unter Assads Führung schwere Verbrechen begangen hätten, müssten aufrechterhalten werden. Es gehe jetzt darum, die syrische Bevölkerung zu unterstützen und zu einer Stabilisierung beizutragen. Hier seien vor allem Fragen der wirtschaftlichen Entwicklung und auch von Rückflüssen der syrischen Diaspora im Ausland wichtig. Eine Entscheidung der EU müsse aber einstimmig erfolgen, entsprechende Gespräche in Brüssel liefen.
Eine mögliche Lockerung der Sanktionen ist Folge des Treffens von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock und Barrot mit der neuen syrischen Führung am vergangenen Freitag in Damaskus. Die beiden Minister waren dabei explizit im Auftrag der Europäischen Union im Einsatz. Im Anschluss des Gesprächs hatte Baerbock betont, ob EU-Sanktionen gelockert werden könnten, hänge nun davon ab, “wie der politische Prozess hier auch gestaltet wird”. Der politische Übergang müsse alle gesellschaftlichen Gruppen einbeziehen, Menschenrechte müssten eingehalten werden. “Und daran knüpft sich auch die ganze Frage von der Sanktionsaufhebung”, sagte Baerbock.
USA HABEN SANKTIONEN BEREITS GELOCKERT
Die Außenministerinnen und Außenminister der EU kommen am 27. Januar zu den nächsten turnusgemäßen Beratungen in Brüssel zusammen. Ob es bereits vorher Beschlüsse der EU geben könne, darüber wollte der Sprecher des Auswärtigen Amts nicht spekulieren. Die USA hatten am Montag gewisse Syrien-Sanktionen für zunächst sechs Monate ausgesetzt. Dadurch sollen unter anderem die Lieferungen von humanitärer Hilfe erleichtert und Probleme bei der Energieversorgung gelindert werden.
Am 8. Dezember hatten Aufständische unter der Führung der islamistischen HTS-Miliz nach einer wenige Tage dauernden Offensive die Kontrolle über Damaskus übernommen und die jahrzehntelange autokratische Herrschaft der Familie Assad beendet. Die in der Vergangenheit mit Al-Kaida und dem Islamischen Staat verbündete HTS demonstriert seitdem Mäßigung und den Willen, sämtliche Gruppen des Vielvölkerstaats Syrien zu respektieren. Sie wird jedoch unter anderem von der EU nach wie vor als Terrororganisation eingestuft.
(Bericht von John Irish, Alexander Ratz; Redigiert von Sabine Ehrhardt; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)