Berlin (Reuters) – Fehlende Aufträge und steigende Kosten haben 2024 mehr Unternehmen in Deutschland zur Geschäftsaufgabe gezwungen.
Ihre Zahl erhöhte sich um 16,8 Prozent im Vergleich zu 2023, wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitteilte. Im Dezember allein fiel die Zunahme mit 13,8 Prozent etwas geringer aus als im Jahresschnitt. Nachfrageausfälle, hohe Kosten für Energie und Fachkräfte, Belastungen durch Steuern und Bürokratie ergeben der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) zufolge eine toxische Mischung.
“Die neuen Insolvenzzahlen sind ein deutliches Warnsignal”, sagte DIHK-Chefanalyst Volker Treier. “Auch der Ausblick auf das Jahr 2025 gibt wenig Grund zur Hoffnung.” Dann sei erneut mit deutlich mehr als 20.000 Firmenpleiten zu rechnen. Laut DIHK-Umfragen erwarten fast neun von zehn Unternehmen für die kommenden Monate stagnierende oder schlechtere Geschäfte. Insbesondere im Baugewerbe, in der Gastronomie und im Kraftfahrzeugbau hinterlasse die aktuelle Krise tiefe Spuren.
“NIEDRIGZINSEN VERHINDERTEN PLEITEN LANGE ZEIT”
Der Schnellindikator zu den Regelinsolvenzen greift auf Meldungen der Plattform Insolvenzbekanntmachungen.de zurück. Für die amtliche Statistik werden dann direkt Daten von Gerichten verwendet, die nicht so schnell zur Verfügung stehen, da sie nochmals geprüft werden. Die Amtsgerichte meldeten nach endgültigen Ergebnissen im vergangenen Oktober 2012 beantragte Unternehmensinsolvenzen – der DIHK zufolge ist das der höchste Oktober-Wert sei zehn Jahren. Das waren 35,9 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Die Forderungen der Gläubiger bezifferten die Amtsgerichte auf rund 3,8 Milliarden Euro. Im Vorjahreszeitraum lagen die Forderungen noch bei 1,6 Milliarden Euro.
Das Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) führt die negative Entwicklung nur zum Teil auf die Konjunkturkrise sowie Kostensteigerungen bei Energie und Löhnen zurück. “Jahrelang extrem niedrige Zinsen haben Insolvenzen verhindert, und während der Pandemie sind Insolvenzen aufgrund von Subventionen wie zum Beispiel dem Kurzarbeitergeld ausgefallen”, sagte der Leiter der IWH-Insolvenzforschung, Steffen Müller. “Der Zinsanstieg und der Wegfall der Subventionen haben ab 2022 Nachholeffekte bei Insolvenzen ausgelöst.” Die hohe Zahl von Geschäftsaufgaben sei eine zwar schmerzhafte, aber notwendige Marktbereinigung. Diese mache Platz für zukunftsfähige Unternehmen.
(Bericht von Rene Wagner, redigiert von Kerstin Dörr. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)