US-Arbeitsmarkt überraschend stark – “Zinssenkung vorerst vom Tisch”

Washington (Reuters) – Der US-Arbeitsmarkt zeigt sich kurz vor dem Wechsel im Präsidentenamt von Joe Biden zu Donald Trump in unerwartet guter Form.

Im Dezember kamen 256.000 neue Jobs außerhalb der Landwirtschaft hinzu, wie aus dem am Freitag veröffentlichten Bericht der Regierung hervorgeht. Von Reuters befragte Ökonomen hatten lediglich mit einem Zuwachs von 160.000 gerechnet, nach revidiert 212.000 (ursprünglich: 227.000) im November. Die Arbeitslosenquote sank von 4,2 auf 4,1 Prozent.

Dienstleister, Handel, Bau und Staat bauten Beschäftigung auf, während in der Industrie Stellen wegfielen. “Schwächen am Arbeitsmarkt sind kaum auszumachen”, sagte der Chefvolkswirt der VP Bank, Thomas Gitzel. Nur wer tiefer grabe, finde zumindest eine leichte Schwäche: “So hat sich etwa die Zahl der offenen Stellen reduziert.”

Schon ein Stellenzuwachs von rund 100.000 im Monat gilt als ausreichend, um die wachsende US-Bevölkerung im arbeitsfähigen Alter mit Jobs zu versorgen. Die Notenbank Fed, die für stabile Preise sorgen und Vollbeschäftigung fördern soll, achtet sehr stark auf die Jobdaten. Sie hat im September die Zinswende vollzogen und 2024 insgesamt dreimal ihren Leitzins gesenkt, weil die Inflation nachgelassen hat, die sie mit ihrer Hochzinspolitik bekämpft hat.

FÜRCHTET DIE FED EINE ÜBERHITZUNG?

“Leitzinssenkungen der US-Notenbank sollten für eine längere Zeit vom Tisch sein”, sagte der Ökonom der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), Dirk Chlench. Das sehen auch andere Experten so. “Die Fed hat vorerst keinen Grund, weiter die Zinsen zu senken”, sagte Gitzel. “Sie fürchtet im Falle weiterer Zinssenkungen eine Überhitzung der US-amerikanischen Volkswirtschaft.”

Der Dollar wertete nach Bekanntgabe der Daten auf. Höhere Zinsen machen die US-Währung attraktiver. Die Aktienmärkte gerieten dagegen unter Druck. “Ein starker Stellenaufbau und eine niedrige Arbeitslosigkeit sind oft Indikatoren für eine gesunde Wirtschaft – und daher natürlich ein Grund für Optimismus, aber möglicherweise auch eine leichte Enttäuschung für Anleger, die auf weitere Zinssenkungen hoffen”, sagte Analyst Richard Flynn vom Finanzhaus Charles Schwab UK.

Der US-Notenbanker Christopher Waller äußerte sich in dieser Woche positiv zu den Aussichten für den Arbeitsmarkt. “Ich bin nach wie vor der Meinung, dass die US-Wirtschaft auf einer soliden Grundlage steht”, sagte er. “Nichts in den Daten oder Prognosen deutet darauf hin, dass sich der Arbeitsmarkt in den kommenden Monaten dramatisch abschwächen wird.”

Aktuell liegt der Leitzins in den USA in einer Spanne von 4,25 bis 4,50 Prozent. Für dieses Jahr werden bislang nur zwei Zinssenkungen um jeweils einen viertel Prozentpunkt erwartet – auch weil sich die Inflationsrate hartnäckig über der angestrebten Zwei-Prozent-Marke hält. “Die möglicherweise preistreibenden Maßnahmen der künftigen US-Regierung wie Zollerhöhungen sind ein weiterer Unsicherheitsfaktor”, schrieben die Commerzbank-Ökonomen Christoph Balz und Bernd Weidensteiner.

(Büro Washington, geschrieben von Rene Wagner, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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