Wien/Berlin (Reuters) – In Österreich wollen die rechte FPÖ und die konservative ÖVP mit einem Sparpaket ein drohendes Defizitverfahren der EU verhindern.
Man habe sich in den Koalitionsverhandlungen grundsätzlich auf ein Paket von rund 6,39 Milliarden Euro verständigt, erklärten Vertreter beider Seiten in einer gemeinsamen Pressekonferenz am Montag in Wien. FPÖ-Chef Herbert Kickl sagte, bei den Maßnahmen gebe es keine neuen Steuern, “keine Erbschaftssteuer, keine Schenkungssteuern, keine Vermögensteuern”. Man wolle Steuerschlupflöcher schließen, bei Ministerien sparen und es gebe ein “Ende von Überförderungen”. Man könne auf diese grundlegende Einigung bei der nötigen Konsolidierung aufbauen und Koalitionsverhandlungen auch in weiteren Bereichen beginnen, erklärte der Rechtspopulist. Er sei optimistisch, dass man da ebenfalls tragfähige Lösungen finde.
Auch der geschäftsführende ÖVP-Chef Christian Stocker zeigte sich zuversichtlich, mit der FPÖ Lösungen bei anderen Themen erreichen zu können. Man werde etwa über Maßnahmen reden, um den Wirtschaftsstandort Österreich zu stärken. Stocker sagte, man habe sich auf eine Konsolidierung für 2025 und einen insgesamt siebenjährigen Sanierungspfad geeinigt. Dazu werde er zusammen mit Kickl eine politische Absichtserklärung unterzeichnen, die der österreichische Finanzminister Gunter Mayr dann an die EU-Kommission weiterleiten werde. Hier sei Tempo nötig gewesen, weil Österreich sehr bald der EU in Brüssel erklären müsse, wie man die Neuverschuldung in den nächsten Jahren zurückfahren wolle. Mit der Konsolidierung soll das Haushaltsloch 2025 unter die Obergrenze von drei Prozent der Wirtschaftskraft sinken.
Die Forscher vom Wiener Wifo-Institut gehen in Prognosen für die Regierung davon aus, dass das Defizit 2024 bei 3,7 Prozent lag und in diesem Jahr – ohne Korrekturen der Politik – auf 4,2 Prozent steigen dürfte.
NACH SCHULDENABBAU WOLLEN FPÖ UND ÖVP ANDERE THEMEN ANGEHEN
FPÖ-Chef Kickl äußerte sich nicht zu Details zum Sparpaket. Diese sollen noch erarbeitet werden. Kickl betonte aber, dass man beim Schließen von Steuerschlupflöchern und Steuerprivilegien “das eine oder andere zu tun” haben werde. Es werde aber keine Erhöhungen bei Massensteuern geben – etwa bei der Mehrwertsteuer oder der Mineralölsteuer, sagte Kickl. “Das kann ich ausschließen.” Aus einem Brief von Kickl und Stocker an Finanzminister Mayr geht hervor, dass die “Reduktion von Förderquoten” – also Subventionen – mit 3,18 Milliarden Euro die Hälfte des Sparpakets über 6,39 Milliarden Euro für 2025 umfasst. Auf Anpassungen im Steuersystem entfallen 920 Millionen Euro und auf Stabilitätsbeiträge der Bundesministerien 1,1 Milliarden Euro.
Kickl hatte nach gescheiterten Koalitionsgesprächen zwischen der ÖVP mit der sozialdemokratischen SPÖ und den liberalen Neos den Auftrag erhalten, mit der ÖVP die Bildung einer Regierung auszuloten. Sollte eine FPÖ-geführte Koalition mit den Konservativen gelingen, wäre Wahlsieger Kickl der erste rechte Bundeskanzler in Österreich seit Kriegsende. Scheitert eine Verständigung, sind Neuwahlen möglich. Umfragen zufolge könnte die FPÖ dann ihren Vorsprung auf ÖVP und SPÖ weiter ausbauen.
Man habe sich in drei Tagen auf das Sparpaket geeinigt, was andere nicht in 100 Tagen geschafft hätten, sagte Kickl in einem Seitenhieb auf die gescheiterten Gespräche der ÖVP mit anderen Parteien. ÖVP-Chef Stocker betonte hierzu aber, gerade dank dieser Vorarbeiten habe man sich nun so schnell einigen können.
Kickl signalisierte, dass man in einer von der FPÖ geführten Regierung die eigenen Wahlversprechen vorantreiben werde. Dazu zählten die “Belohnung für Leistungen, Entbürokratisierung, Unterstützung der Familien, soziale Sicherheit, ein restriktiver Asylkurs” und eine Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ORF. Wegen des nötigen Sparkurses könnte man die Ziele nicht wie geplant “schnurgerade” erreichen. Zunächst müsse man die Blockade durch die “enorme Schuldenlast” gemeinsam beseitigen. Dies koste Zeit, Kraft, Schweiß und Geld. “Aber dann ist der Weg frei für eine gute Zukunft.” Ab 2026 gebe es dann schon größere finanzielle Spielräume, sagte Kickl.
(Bericht von Francois Murphy und Klaus Lauer, redigiert von Sabine Ehrhardt. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)