Staat darf Profi-Fußball für Polizeikosten zur Kasse bitten

– von Ursula Knapp und Alexander Hübner

Karlsruhe (Reuters) – Der Staat darf die deutschen Profi-Fußballvereine für die Polizeikosten bei Hochrisikospielen zur Kasse bitten.

Das Bundesverfassungsgericht billigte am Dienstag in Karlsruhe ein entsprechendes Gesetz für das Bundesland Bremen und wies die Verfassungsbeschwerde der Deutschen Fußball-Liga (DFL) ab. Die Hansestadt verlangt seit 2014 Geld, wenn bei Heimspielen des SV Werder Bremen die Fans nur mit verstärktem Polizeieinsatz rund um das Stadion im Zaum gehalten werden können – die Rechnungen summieren sich inzwischen auf Millionenbeträge. “Das ist ein sehr schöner Tag”, sagte der Bremer Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) nach der Urteilsverkündung. Mäurer sprach sich erneut für einen Fonds des Ligaverbandes DFL aus, mit dem die Mehrkosten auf alle Bundesliga-Vereine umgelegt werden sollen. (Az.: 1 BvR 548/22)

Bremen ist das erste und bisher einzige Bundesland, das die Mehrkosten eines erhöhten Polizeieinsatzes auf die Veranstalter von Profi-Fußballspielen umlegt, wenn Ausschreitungen von Fans zu befürchten sind. Andere Bundesländer könnten jedoch folgen. Die Gebühren werden bei allen Großveranstaltungen fällig, die gewinnorientiert sind, über 5000 Teilnehmer haben und bei denen es erfahrungsgemäß zu Gewalt kommen kann. 2015 stellte das Land nach dem Spiel von Werder Bremen gegen den Hamburger SV erstmals eine Rechnung über 425.000 Euro an die DFL, die bei Bundesliga-Spielen neben dem gastgebenden Verein als Mitveranstalter gilt. Inzwischen wurden über drei Millionen Euro fällig, die die DFL nur unter Vorbehalt bezahlt hat. Die Kosten reichte sie an den Verein weiter.

Verfassungsgerichtspräsident Stephan Harbarth sagte, die Mehrkosten sollten im Sinne des Gesetzes von denjenigen getragen werden, die wirtschaftlich davon profitierten. Das sei legitim. “Die Verfassung kennt keinen allgemeinen Grundsatz, nach dem die polizeiliche Sicherheitsvorsorge durchgängig kostenfrei zur Verfügung gestellt werden muss”, hieß es im Urteilstext. Den Einwand der DFL, sie könne nichts gegen Fan-Krawalle außerhalb der Stadien tun, ließ der Erste Senat nicht gelten. Der erhöhte Aufwand sei dem Veranstalter auch dann zurechenbar, wenn er vom Verhalten Dritter abhänge. “Darüber, ob die getroffene Regelung politisch vernünftig, klug oder wünschenswert ist, hat der Senat nicht befunden”, betonte Harbarth.

WERDER: “EIN BIS ZWEI MILLIONEN TUN UNS WEH”

Werder-Geschäftsführer Tarek Brauer sprach sich für eine faire Kostenverteilung aus. Werder Bremen sei finanziell nicht so gut aufgestellt: “Ein bis zwei Millionen tun uns weh.” Er erwarte, dass nach dem Verursacherprinzip auch die Gastvereine in den Blick genommen werden, deren Fans den Mehraufwand mitverursachten.

Der Ligaverband DFL setzt dagegen darauf, den polizeilichen Aufwand rund um die Spiele an sich zu minimieren. Darüber werde bereits mit den Sport- und Innenministern der Länder gesprochen. Sie fordert zudem ein Mitspracherecht bei der Festlegung, ob ein Spiel als Hochrisikospiel gilt. “Statt auf Kostenverlagerungen fokussieren sich die Gespräche auf konkrete Maßnahmen, um das Sicherheitsniveau rund um die Stadien weiter zu stärken und Polizeieinsatzstunden zu reduzieren”, erklärte die DFL. Sie hatte über mehrere Instanzen gegen das Bremer Gesetz geklagt. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hatte die Kostenumlage bereits 2019 für rechtmäßig erklärt.

(Bericht von Ursula Knapp und Alexander Hübner, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)

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