Anleger in Europa nervös – alle Augen auf Trump

Frankfurt (Reuters) – Die Ungewissheit rund um US-Zölle nach der Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus lähmt die Anleger an den europäischen Aktienmärkten.

Der Dax zeigte sich am Dienstag etwas schwächer bei 20.977 Punkten, nachdem er zum Wochenstart erstmals die 21.000er Marke übersprungen hatte. Der EuroStoxx50 lag stabil bei 5163 Zählern. “Der Markt ist derzeit ganz klar nervös, was als nächstes passieren wird”, sagte Chris Beauchamp, Analyst bei der IG Group. Es gebe die Erwartung, dass die US-Regierung bei den Zöllen eine harte Linie fahren werde, aber die Umsetzung noch dauere.

Unter Druck gerieten europäische Autobauer. BMW, Volkswagen und Mercedes-Benz gaben jeweils rund ein Prozent nach und gehörten damit zu den größten Verlierern im Dax. Damit büßten die Konzerne einen Teil der Gewinne vom Vortag wieder ein. Spekulationen darüber, dass Trump an seinem ersten Tag im Amt noch keine neuen Zölle verhängen werde, hatten die Automobilhersteller am Montag angeschoben.

Mittlerweile hat Trump allerdings den 1. Februar als möglichen Zeitpunkt für den Beginn von Zöllen gegen Mexiko und Kanada genannt. Es werde über 25 Prozent für diese beiden Staaten nachgedacht. Europäische Autohersteller wie Stellantis und Volkswagen besitzen in Mexiko Werke, die Autos für den US-Markt produzieren. Ein Volkswagen-Sprecher sagte, der Konzern sei besorgt über die schädlichen wirtschaftlichen Auswirkungen, die die geplanten US-Zölle auf die Verbraucher und die Automobilindustrie haben würden.

In Mailand gaben die Aktien von Stellantis um bis zu 2,7 Prozent nach. Der europäische Branchenindex zeigte sich um bis zu ein Prozent schwächer. Die Folgen drohender Sonderzölle in den USA sorgen seit Wochen für Verunsicherung an den Finanzmärkten.

PESO UND KANADISCHER DOLLAR UNTER DRUCK

Die Zolldrohung gegen Mexiko und Kanada schickte die Landeswährungen der beiden Länder auf Talfahrt. Der mexikanische Peso fiel gegenüber dem Dollar um 1,3 Prozent, der kanadische Dollar rutschte auf ein Fünfjahrestief von 0,689 US-Dollar. Der Dollar-Index zog dagegen um 0,7 Prozent auf 108,79 Punkte an, nachdem er über Nacht 1,2 Prozent verloren hatte. Das war der höchste Tagesverlust seit Ende 2023. Die US-Währung hatte nach ihrem Höhenflug zunächst unter Druck gesetzt, dass Trump nicht schon am Tag der Vereidigung neue Zölle auf Einfuhren in die USA erhob.

Am Rohölmarkt verdauten Investoren unterdessen Trumps Pläne zur Steigerung der Ölförderung in den USA. Rohöl der Sorte Brent aus der Nordsee verbilligte sich um rund 1,5 Prozent auf 78,97 Dollar je Barrel. Der Preis für US-Öl WTI fiel um mehr als zwei Prozent auf 76,09 Dollar je Barrel. Trump legte am Montag einen umfassenden Plan zur Beschleunigung der Genehmigungsverfahren für Öl-, Gas- und Stromprojekte vor. Zudem sagte er, dass seine Regierung aufhören könnte, Öl aus Venezuela zu kaufen. Für Preisdruck sorgte auch der stärkere Dollar, da er Öl für Besitzer anderer Währungen teurer macht.

TRUMP SETZT ERNEUERBAREN ENERGIEN ZU

Bei den Einzelwerten rauschte der Windparkentwickler Orsted in Kopenhagen in der Spitze um mehr als 17 Prozent in die Tiefe und belastete die gesamte Branche. Der dänische Konzern verschreckte die Anleger mit einer überraschend hohen Abschreibung auf ein US-Projekt. Siemens Energy verbilligte sich zunächst um bis zu 1,5 Prozent, die Aktien von RWE gaben zeitweise sogar knapp drei Prozent nach, Windkraftanlagenbauer Nordex fiel um bis zu vier Prozent. Negativ wirkten sich Wertminderungen in Höhe von rund 1,6 Milliarden auf das US-Projekt ‘Sunrise Wind’ von Orsted aus, da RWE und Siemens Energy ebenfalls an US-Windprojekten beteiligt seien, sagte ein Händler.

Trump hat die Verpachtung neuer Offshore-Windkraftanlagen auf Bundesebene zunächst ausgesetzt und erklärt, Windkraftanlagen seien hässlich, teuer und schadeten der Tierwelt. “Orsted besitzt jetzt einige Vermögenswerte in den USA, die wertlos sind, und das liegt daran, dass Orsted sie weder verkaufen noch nutzen kann, wenn wegen Trump nichts gebaut werden kann”, kommentierte Sydbank-Analyst Jacob Pedersen.

(Bericht von Stefanie Geiger, redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)

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