Davos/Berlin (Reuters) – Vor der mit Spannung erwarteten Rede von US-Präsident Donald Trump zum Weltwirtschaftsforum in Davos wurden dort erneut Warnungen vor einem Handelskrieg laut.
Eine Spirale aus hohen Zöllen und Gegenzöllen könnte katastrophale Folgen haben, sagte die Chefin der Welthandelsorganisation (WTO), Ngozi Okonjo-Iweala, am Donnerstag. “Jeder wird dafür zahlen müssen.” Die EU-Kommission als auch China bekräftigten erneut, mit Trump reden zu wollen. Der Republikaner droht mit Sonderzöllen, die ab Februar bereits die US-Nachbarn Mexiko und Kanada treffen könnten. Aber auch China und die EU hat er im Visier.
Trump ist am Montag wieder ins Weiße Haus eingezogen. Anders als im Wahlkampf angekündigt hat er aber nicht sofort neue Zölle angeordnet. Das gibt Raum für Verhandlungen. Beim Treffen der internationalen Wirtschaftselite in den Schweizer Alpen wird er am späten Nachmittag virtuell zugeschaltet sein. Geplant sind eine Rede und ein anschließender Dialog. Zu den Inhalten ist im Vorfeld nichts nach außen gedrungen.
EU-Wirtschaftskommissar Valdis Dombrovskis sagte, es brauche faire Bedingungen im internationalen Handel. Die EU und die USA seien strategische Verbündete und stünden zusammen für 42 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung. Deswegen seien jetzt Gespräche mit der neuen US-Regierung wichtig, um weiter eng zusammenzuarbeiten. Das chinesische Handelsministerium teilte mit, die Volksrepublik sei bereit für einen Dialog mit den USA, um eine stabile und gesunde Entwicklung im Handel zu erzielen. Neue Zölle seien für kein Land gut.
WTO: TROTZ HANDELSDEFIZIT MILLIONEN NEUE JOBS IN USA
Zölle sind ein Kernelement von Trumps Wirtschaftsagenda. Er stört sich an dem großen Handelsdefizit seines Landes etwa mit China oder Deutschland. Auch beklagt er den Verlust von Industriearbeitsplätzen in den USA. Teilweise verbindet er gesundheits- oder sicherheitspolitische Aspekte mit der Drohung neuer Zölle. Mit Blick auf China hat Trump diese Woche gesagt, seine Regierung diskutiere Strafzölle in Höhe von zehn Prozent. Er begründete dies damit, dass “sie Fentanyl nach Kanada und Mexiko schicken”. Durch die synthetische Droge und andere Opioide kommen in den USA jedes Jahr Abertausende Menschen ums Leben. Kanada und Mexiko hat er mit Zöllen in Höhe von 25 Prozent gedroht, falls diese nicht gegen den Schmuggel von Fentanyl und illegale Grenzübertritte vorgehen würden. Er setzte eine Frist bis zum 1. Februar.
WTO-Chefin Okonjo-Iweala sagte, der globale Handel liege wieder über dem Niveau vor Ausbruch der Coronavirus-Pandemie. Deswegen sollte man jetzt nicht überreagieren. “Wir sollten tief einatmen.” Es stehe aber viel auf dem Spiel. Selbst wenn es keine Spirale aus Zöllen und Gegenzöllen gebe, die Welt aber in zwei Wirtschaftsblöcke verfalle, wären die Folgen extrem. Dies würde langfristig mehr als sechs Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung kosten. Das entspricht dem gemeinsamen Volumen der Volkswirtschaften von Japan und Südkorea.
Die WTO-Chefin verwies auf Studien, wonach in den USA rund 2,4 Millionen Industriejobs durch die Expansion Chinas weggefallen seien. Dafür seien in den USA aber sieben Millionen neue Jobs entstanden, fast drei Millionen in der Industrie und vier Millionen im Dienstleistungssektor. Die USA seien insgesamt sehr gut aufgestellt für den Wettbewerb. Der am schnellsten wachsende Bereich sei der Handel mit digitalen gelieferten Dingen. Die Zahlen sprächen für die USA und würden nicht lügen, so Okonjo-Iweala.
(Bericht von Christian Krämer, redigiert von Sabine Ehrhardt. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)