Mailand (Reuters) – Auf dem italienischen Bankenmarkt bahnt sich eine weitere überraschende Übernahme an.
Die 2017 mit Staatshilfen vor dem Aus gerettete Traditionsbank Monte dei Paschi de Siena (MPS) will die größere Mediobanca für 13,3 Milliarden Euro schlucken und bietet deren Anteilseignern einen Aktientausch an. Sie sollen für je zehn ihrer Papiere 23 Aktien der Bank bekommen, die für mehr als ein Jahrzehnt als Sorgenkind der italienischen und europäischen Finanzbranche galt.
Beide Banken haben zum Teil die gleichen Großaktionäre, doch die Mediobanca-Führung ist skeptisch. Die Offerte komme nicht ganz überraschend, sie sei aber nicht abgestimmt worden, hieß es in Finanzkreisen. Der Verwaltungsrat von Mediobanca werde sich in den nächsten Tagen damit befassen. MPS-Chef Luigi Lovaglio, der mit dem Zukauf seine Sanierungsarbeit krönen könnte, sagte am Freitag, das Angebot sei “freundlich” gemeint. “Auch wenn das schwierig ist … es steckt eine starke Logik dahinter”, sagte Lovaglio vor Analysten, die sich skeptisch zu den Chancen der Übernahme gaben. Die toskanische MPS erwartet durch Mediobanca Einsparungen von 700 Millionen Euro im Jahr.
Das Angebot entspricht einem Aufschlag von fünf Prozent auf den Mediobanca-Schlusskurs vom Donnerstag. Am Freitag stiegen die Aktien um 4,5 Prozent auf 15,97 Euro. Bei den MPS-Anlegern kam der Plan weniger gut an: Die Papiere büßten acht Prozent ein. An der Mailänder Börse ist Mediobanca mit 12,7 Milliarden Euro deutlich mehr wert als MPS mit 8,8 Milliarden Euro. Doch das toskanische Institut kann drei Milliarden Euro an Verlustvorträgen in die Waagschale werfen, die über sechs Jahre jeweils 500 Millionen Euro mehr Gewinn bringen würden.
Mediobanca ist bekannt als Investmentbank und Kreditgeber der italienischen Industrie. Unter Vorstandschef Albert Nagel ist die Mailänder Bank zudem groß in die Vermögensverwaltung eingestiegen. Die Integration in MPS könnte ihr ein größeres Netzwerk bieten. “Wir wollen nicht, dass Mediobanca verschwindet”, betonte Lovaglio. Die Marke solle für das Investmentbanking weiter verwendet werden. MPS könne mit der Übernahme seine Erlösquellen diversifizieren: “Wir werden eine Erlösstruktur haben, die uns stärker macht […] um ein Umfeld zu bewältigen, das eher noch schwieriger werden dürfte.”
Der italienische Staat hatte MPS, die älteste Bank der Welt, 2017 mit 5,4 Milliarden Euro vor dem Kollaps gerettet. Bei dem Versuch, wieder auszusteigen, hat er reiche Aktionäre an Bord geholt, die zum Teil auch an Mediobanca beteiligt sind: Delfin, die Holding des verstorbenen Milliardärs Leonardo Del Vecchio, ist mit 19,8 Prozent größter Anteilseigner von Mediobanca und hat bei MPS zuletzt auf 9,8 Prozent aufgestockt. Der Industriemagnat Francesco Gaetano Caltagirone hält 7,8 Prozent an Mediobanca und fünf Prozent an MPS. Die Regierung hat ihre Beteiligung an MPS nach deren Rettung nach und nach auf 11,7 Prozent von 68 Prozent abschmelzen lassen.
DER STAAT HATTE MIT MPS EIGENTLICH ANDERE PLÄNE
Mediobanca, Caltagirone und Delfin sind auch am italienischen Versicherungsriesen Generali beteiligt. Dort kommen sie zusammen auf fast ein Drittel des Kapitals. Die beiden Milliardärsfamilien sehen allerdings kritisch, dass sich Mediobanca von Generali so abhängig gemacht hat, die für fast ein Drittel der Einnahmen steht. Monte dei Paschi verkauft bisher noch Policen des französischen Versicherers AXA, doch die Partnerschaft läuft 2027 aus.
Eigentlich hatte der Staat mit Monte dei Paschi andere Pläne. Nachdem UniCredit 2021 nach langem Hin und Her abgewunken hatte, arbeitete das Finanzministerium an einer möglichen Fusion mit der Mailänder Banco BPM, die im November in Siena eingestiegen war. Doch auch das durchkreuzte UniCredit-Chef Andrea Orcel Ende des vergangenen Jahres mit einem eigenen Übernahmeangebot für BPM. Wenn sich MPS und Mediobanca einigen, würde das auch die Optionen für BPM reduzieren, die Avancen von UniCredit noch abzuwehren. Als Vorwärtsverteidigung hatte die BPM-Führung über eine eigene Offerte für MPS nachgedacht.
(Bericht von Valentina Za; Mitarbeit: Giulia Segreti und Gianluca Semeraro; geschrieben von Alexander Hübner, redigiert von Philipp Krach. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)