Ifo-Index steigt – “Deutsche Wirtschaft bleibt pessimistisch”

– von Klaus Lauer und Rene Wagner und Reinhard Becker

Berlin (Reuters) – Die trübe Stimmung in den Chefetagen der Unternehmen hat sich zum Jahresanfang überraschend etwas gebessert – bleibt aber auf niedrigem Niveau.

Die auch wegen der geopolitischen Lage verunsicherten Firmen erwarten von der neuen Bundesregierung wirtschaftspolitische Impulse. Der Ifo-Geschäftsklimaindex als wichtigstes Barometer für die Konjunktur in Deutschland stieg im Januar um 0,4 auf 85,1 Punkte, wie das Münchner Ifo-Institut am Montag zu seiner monatlichen Umfrage unter rund 9000 Führungskräften mitteilte. Zuvor hatte es sieben Rückgänge in acht Monaten gegeben und der Index war im Dezember auf den tiefsten Stand seit der Corona-Krise im Mai 2020 gestürzt. Ökonomen hatten für Januar mit einer Stagnation gerechnet. “Die deutsche Wirtschaft bleibt pessimistisch”, betonte Ifo-Präsident Clemens Fuest.

Denn die Unternehmen beurteilten ihre Geschäftslage zwar etwas optimistischer als zuletzt, ihre Aussichten allerdings skeptischer. Im Verarbeitenden Gewerbe verschlechterte sich das Geschäftsklima sogar erneut. “Die Zahl der Neuaufträge nimmt weiter ab”, sagte Fuest. Zudem bleibe die Kapazitätsauslastung mit 76,5 Prozent deutlich unter dem langfristige Mittelwert von 83,4 Prozent. Bei den Dienstleistern hellte sich die Stimmung spürbar auf, während sie im Handel unverändert blieb und sich im Bauhauptgewerbe wegen schlechterer Aussichten eintrübte. “Die deutsche Wirtschaft kommt nicht vom Fleck”, sagte Ifo-Umfragechef Klaus Wohlrabe der Nachrichtenagentur Reuters. “Wir verharren in der Stagnation.” Das gelte für fast alle Branchen. “Es ist nirgendwo ein klarer Aufwärtstrend zu sehen.”

“KLEINER HÜPFER NACH EINEM LANGEN UND TIEFEN ABSTIEG”

Ökonomen sprachen bei den Ifo-Daten von einem erfreulichen Jahresauftakt. “Allerdings war das zunächst nur ein kleiner Hüpfer nach einem langen und tiefen Abstieg”, sagte LBBW-Analyst Jens-Oliver Niklasch. “Geholfen haben mutmaßlich für die Lage Vorzieheffekte für die Exporte in die USA – bevor die US-Zölle wirklich steigen.” Zudem gebe es wohl Hoffnung, “dass in Berlin demnächst eine handlungsfähige Regierung endlich Reformen und Entbürokratisierung liefert”. Michael Herzum von Union Investment erklärte mit Blick auf die erneut verschlechterten Geschäftsaussichten: “Deutsche Unternehmen starten verunsichert ins neue Jahr.” Die nach wie vor insgesamt gedrückte Stimmung spreche nicht für ein kurzfristige Beleben der kraftlosen Investitionen. Lichtblick sei der stabile Konsum.

Die Wirtschaft starte zwar weniger frostig gestimmt ins neue Jahr, aber man dürfe sich keiner Illusion hingeben, warnte KfW-Experte Klaus Borger. “Angesichts der inzwischen fünfjährigen Stagnation und dem immer lauter beklagten Verlust an internationaler Wettbewerbsfähigkeit ist das kaum mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein.” Politik und Firmen müssten die Herausforderungen zum Umbau der Wirtschaft angehen – vor allem in der Industrie. “Ohne deutliche Fortschritte bei der Bewältigung der Strukturprobleme ist in diesem Jahr bestenfalls ein Miniwachstum drin.”

STRAFZÖLLE VON TRUMP WÜRDEN DEUTSCHE EXPORTEURE BELASTEN

Die Wirtschaft ist im Schlussquartal 2024 wohl um 0,1 Prozent geschrumpft und dümpelt damit immer noch am Rande einer Rezession. Auch für 2025 erwarten Fachleute allenfalls ein leichtes Wachstum. Zuletzt hatte die Umfrage unter Einkaufsmanagern bei Industrie und Dienstleistern für ein überraschend positives Signal von der schwächelnden Konjunktur gesorgt. Die staatliche Förderbank KfW teilte mit, nach ihren Berechnungen sei das Kreditneugeschäft der deutschen Banken mit dem Unternehmenssektor im Sommer-Quartal 2024 erstmals seit zwei Jahren wieder gewachsen – binnen Jahresfrist um 1,6 Prozent. Ende vorigen Jahres dürfte es ein Plus von 2,6 Prozent gegeben haben. “Unternehmen nahmen verstärkt Kredite auf und zogen Geschäfte vor, um einer potenziellen Zolleinführung durch die Regierung von Donald Trump zuvorzukommen”, erklärte die KfW.

Von US-Präsident Trump angedrohte Zölle auf Importe aus Europa würden dem Exporteuropameister Deutschland spürbar schaden und das Wirtschaftswachstum bremsen. “Wie stark Trump auf einzelne Länder Druck ausüben kann, zeigt sich gerade an den Beispielen Kolumbien und Mexiko”, sagte Christoph Swonke, Konjunkturanalyst der DZ Bank. Der US-Präsident hatte Kolumbien im Streit um Abschiebung von Migranten in das südamerikanische Land Zölle und Sanktionen angedroht. Daraufhin lenkte Kolumbien im Konflikt mit seinem wichtigsten Handelspartner ein.

(redigiert von Kerstin Dörr. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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