Managua (Reuters) – In Nicaragua hat der seit 2007 regierende Präsident Daniel Ortega seine Vollmachten deutlich erweitert.
Das Parlament billigte am Donnerstag einstimmig die von ihm vorgelegte Verfassungsreform. Damit wird der 79-Jährige ermächtigt, die Aufgaben der Justiz und der Legislative zu “koordinieren”. Zudem kann er die Armee zur Unterstützung der Polizei einsetzen. Mit der neuen Verfassung wird auch die bereits weitreichende staatliche Kontrolle über die Medien ausgeweitet und die Rolle des Vizepräsidenten, die Ortegas Ehefrau Rosario Murillo innehat, in die eines “Co-Präsidenten” umgewandelt. Zudem wird die Amtszeit des Präsidenten von fünf auf sechs Jahre verlängert. Eine frühere Verfassungsreform sieht bereits eine unbegrenzte Wiederwahl des Präsidenten vor.
Nach der neuen Regelung können Präsident und Co-Präsidentin eine unbegrenzte Anzahl von Vizepräsidenten ernennen. Spekuliert wird, dass eines oder mehrere der acht in Nicaragua lebenden Kinder von Ortega und Murillo ausgewählt werden. Mehrere von ihnen haben bereits hochrangige Regierungsposten inne oder leiten staatliche Medien. Im Falle des Todes von Ortega würde die 73 Jahre alte Murillo automatisch die Macht übernehmen, ohne dass es eine Neuwahl geben müsste.
“Diese grotesken Änderungen bedeuten das Todesurteil für die Rechtsstaatlichkeit und die Grundfreiheiten in Nicaragua”, sagte Reed Brody, Mitglied einer UN-Expertengruppe, die Menschenrechtsverletzungen in dem zentralamerikanischen Land untersucht hat. Ortega führe nun “ein völlig autoritäres Regime”. Das Büro des UN-Hochkommissars für Menschenrechte äußerte seine “tiefe Besorgnis” über die Machtkonzentration, die Einschränkung der Meinungsfreiheit und die Bestimmungen, die dem Staat die Befugnis verleihen, Bürgern die Staatsangehörigkeit zu entziehen, wenn es sich um das weit gefasste Verbrechen des Verrats handelt.
Der ehemals linke Rebell Ortega ist Mitglied der Sandinisten, die 1979 den Diktator Anastasio Somoza Debayle stürzten. Mit der Guerillabewegung verbanden sich anfangs Hoffnungen, in Nicaragua könne es eine Wende hin zur Demokratie und einer gerechteren Gesellschaftsordnung geben.
(Bericht von Gabriela Selser, geschrieben von Hans Busemann, redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)