BoE senkt Leitzins – Signal für weitere Schritte im Jahresverlauf

London (Reuters) – Die britische Notenbank hat den Leitzins zum dritten Mal seit der geldpolitischen Wende vom Sommer 2024 gesenkt.

Die Bank of England (BoE) setzte ihn am Donnerstag um einen Viertelpunkt auf 4,50 Prozent herunter. Von Reuters befragte Experten hatten damit gerechnet. Die Währungshüter um BoE-Chef Andrew Bailey hatten die Zinswende im August eingeleitet und im November nachgelegt. Im Dezember beschlossen sie eine intern umstrittene Zinspause. Auch diesmal gab es Dissens: Mit Catherine Mann and Swati Dhingra votierten zwei BoE-Führungsmitglieder vergeblich für einen XL-Senkungsschritt von einem halben Prozentpunkt.

Bailey signalisierte Bereitschaft, auf dem Zinssenkungspfad zu bleiben, aber dabei schrittweise und umsichtig vorgehen zu wollen: “Wir gehen davon aus, dass wir den Leitzins mit fortschreitendem Disinflationsprozess weiter senken können, müssen jedoch von Sitzung zu Sitzung beurteilen, wie weit und wie schnell wir dies tun werden”, sagte er vor der Presse.

“BODENWELLE” BEFÜRCHTET

Mit Disinflation ist eine Situation gemeint, in der Teuerungsraten im Zeitverlauf sinken. Damit steigen Preise zwar weiter, aber langsamer als zuvor. Bailey geht davon aus, dass dieser Prozess intakt bleibt, auch wenn die Energiekosten steigen und manche Versorger ihre Preise erhöhen sollten. Er sprach von einer “Bodenwelle”, die aber voraussichtlich keine nachhaltige Auswirkung haben werde.

DWS-Expertin Ulrike Kastens liest aus den Einschätzungen der Londoner Währungshüter “mehr Optimismus” hinsichtlich der Inflationsentwicklung heraus: “Vor allem mit Blick auf den nachlassenden Preisdruck bei inländischen Gütern, aber auch bei den Löhnen. Damit ist der Weg frei für weitere Zinssenkungen, die über die Markterwartungen hinausgehen könnten.” Im Januar hatten von Reuters befragte Ökonomen erwartet, dass die BoE in diesem Jahr ihren Leitzins viermal um jeweils einen Viertelprozentpunkt und damit auf 3,75 Prozent senken könnte. Zuletzt hielten Investoren jedoch ein Niveau von 4,00 Prozent zum Jahresende für eher wahrscheinlich.

Mit der jüngsten geldpolitischen Lockerung reagiert die Zentralbank auf den zuletzt etwas schwächeren Preisauftrieb. Die Inflationsgefahr scheint jedoch noch nicht gebannt, da höhere Energiekosten die Teuerungsrate befeuern dürften. Die Inflationsrate lag im Dezember trotz eines leichten Rückgangs mit 2,5 Prozent noch immer über dem Ziel der BoE von zwei Prozent. Die Notenbank erwartet, dass die Inflation bis zum dritten Quartal im Zuge steigender Energiekosten auf 3,7 Prozent zulegt.

Der Londoner Zinsbeschluss setzte die Währung des Landes unter Druck. Das Pfund weitete seine Verluste von 0,7 Prozent aus und gab rund ein Prozent auf 1,239 Dollar nach. “Die Tatsache, dass zwei BoE-Mitglieder trotz der Anhebung der Inflationsprognose für eine Zinssenkung um 50 Basispunkte gestimmt haben, zeigt, wie besorgt einige Entscheidungsträger über die Herausforderungen für das wirtschaftliche Wachstum sind”, sagt Luke Bartholomew, Chefvolkswirt beim Vermögensverwalter abrdn.

Aufgrund der mauen Stimmung unter Unternehmern und Verbrauchern sowie des schleppenden Produktivitätswachstums halbierte die Zentralbank ihre Wachstumsprognose für dieses Jahr auf 0,75 Prozent. Die britische Wirtschaft erholt sich nur schleppend von der Corona-Pandemie und dümpelt vor sich hin. Dabei hat die Regierung von Premierminister Keir Starmer das Ziel ausgegeben, das schnellste Pro-Kopf-Wachstum unter den sieben führenden westlichen Industrienationen (G7) zu erreichen.

TRUMPS ZOLLPOLITIK UNSICHERHEITSFAKTOR

Unklar bleibt, welche Auswirkungen die Handelspolitik von US-Präsident Donald Trump auf Wachstum und Inflation haben wird. Trump könnte Großbritannien anders als die EU womöglich von Zöllen ausnehmen. Zu Ungleichgewichten im Handel mit dem Vereinigten Königreich sagte der Republikaner jüngst: “Ich denke, das lässt sich ausbügeln.” Die Londoner Währungshüter gehen allerdings davon aus, dass höhere globale Zölle vermutlich zu einem langsameren Wachstum führen, selbst wenn Großbritannien nicht direkt von ihnen betroffen wäre.

(Bericht von David Milliken, Andy Bruce, geschrieben von Reinhard Becker, redigiert von Kerstin Dörr; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an die Redaktionsleitung unter den Telefonnummern 069-7565 1236 oder 030-2888 5168.)

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