Israel drückt nach Trump-Vorstoß zu Gazastreifen aufs Tempo

– von James Mackenzie und Jana Choukeir

Jerusalem/Washington (Reuters) – Israel drückt nach dem international höchst umstrittenen Vorstoß des US-Präsidenten Donald Trump für eine Aussiedlung der Palästinenser aus dem Gazastreifen aufs Tempo.

Verteidigungsminister Israel Katz wies die Armee am Donnerstag an, einen Plan für die “freiwillige Ausreise” der palästinensischen Bevölkerung vorzubereiten. “Ich begrüße den mutigen Plan von Präsident Trump”, sagte er dem israelischen Fernsehsender Channel 12 zufolge. “Den Bewohnern des Gazastreifens sollte die Freiheit gewährt werden, das Land zu verlassen und auszuwandern, wie es weltweit üblich ist.” Am Donnerstag bekräftigte Trump seine Vorstellungen. Israel solle nach dem Ende der Kämpfe mit der Hamas die Kontrolle über den Gazastreifen an die USA übertragen. Die Palästinenser sollen in “sicherere Gemeinden” übersiedelt werden. In dem im Krieg zwischen Israel und der radikal-islamischen Hamas zerstörten Küstenstreifen leben über zwei Millionen Menschen.

Trump hatte am Dienstag bei einem Besuch des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu in Washington gesagt, die USA würden den Gazastreifen in Besitz nehmen. Alle dort lebenden Palästinenser sollten umgesiedelt und vor allem von Ägypten und Jordanien aufgenommen werden. Der Gazastreifen solle als “Riviera des Nahen Ostens” wieder aufgebaut werden. Trumps Vorstoß, der mitten in die Gespräche über die zweite Phase der Waffenruhe im Gazastreifen fällt, löste harsche Kritik aus. Die Sprecherin des US-Präsidialamtes, Karoline Leavitt, relativierte daraufhin die Pläne und sprach davon, dass die palästinensische Bevölkerung für die Zeit des Wiederaufbaus “vorübergehend umgesiedelt” werden solle. Auch US-Außenminister Marco Rubio sprach von einer Übergangszeit.

Am Donnerstag teilte Trump auf seinem Kurznachrichtendienst Truth Social mit, es würden keine US-Soldaten im Gazastreifen benötigt. Am Dienstag hatte er dies noch offengelassen.

“GAZASTREIFEN IST KEINE POLITISCHE VERHANDLUNGSMASSE”

Die Empörung über den Trump-Vorstoß hielt an. China lehnte eine Zwangsumsiedlung der palästinensischen Bevölkerung strikt ab. “Der Gazastreifen ist der Gazastreifen der Palästinenser und keine politische Verhandlungsmasse”, sagte der Sprecher des Außenministeriums. Der Gazastreifen sei erst recht nicht “das Ziel eines Gesetzes des Dschungels”. China unterstütze nachdrücklich die legitimen nationalen Rechte des palästinensischen Volkes und sei bereit, mit der internationalen Gemeinschaft an der Zwei-Staaten-Lösung als Ausweg zu arbeiten.

Auch der Iran lehnte Trumps Vorschlag kategorisch ab und wertete Pläne, den Gazastreifen zu räumen als Fortsetzung des israelischen Plans, das palästinensische Volk vollständig auszulöschen.

Spanien wies einen Vorschlag von Verteidigungsminister Katz zurück, es solle aus dem Gazastreifen vertriebene Palästinenser aufnehmen. “Das Land der Bevölkerung des Gazastreifens ist der Gazastreifen, und der Gazastreifen muss Teil des künftigen Staates Palästina sein”, sagte Außenminister Jose Manuel Albares im spanischen Hörfunksender RNE. Ähnlich äußerte sich Irland, das zugleich eine massive Aufstockung der Hilfe für den Gazastreifen forderte.

Katz hatte auf die Frage, wer die Palästinenser aufnehmen solle, geantwortet: “Länder wie Spanien, Irland, Norwegen und andere, die Anschuldigungen und falsche Behauptungen gegen Israel wegen seines Vorgehens im Gazastreifen erhoben haben, sind gesetzlich verpflichtet, jedem Bewohner des Gazastreifens die Einreise in ihr Territorium zu gestatten.” Spanien, Irland und Norwegen hatten 2024 einen Palästinenser-Staat anerkannt.

PALÄSTINENSER BEFÜRCHTEN ERNEUTE NAKBA

Die zwangsweise Vertreibung einer Bevölkerung unter militärischer Besatzung ist ein Kriegsverbrechen und nach der Genfer Konvention von 1949 verboten. Hunderttausende Palästinenserinnen und Palästinenser wurden im Gaza-Krieg vertrieben und sind innerhalb des Gazastreifens auf der Flucht vor israelischen Angriffen. Viele sagen jedoch, sie würden ihre Heimat nie verlassen, weil sie eine dauerhafte Vertreibung fürchten – ähnlich der Nakba (arabisch für Katastrophe), als bei der Bildung des Staates Israel Hunderttausende ihre Häuser verloren. Viele wurden aus dem früheren britischen Mandatsgebiet Palästina vertrieben. Sie flohen in den Gazastreifen, ins Westjordanland und in arabische Nachbarländer wie Jordanien, Syrien und Libanon, wo ihre Nachkommen noch heute in Flüchtlingslagern leben.

(Bericht von: Reuters-Büros in Dubai und Peking; geschrieben von Sabine Ehrhardt, redigiert von Kerstin Dörr. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)

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