– von Patricia Weiss und Tom Sims
Frankfurt (Reuters) – Commerzbank-Chefin Bettina Orlopp will das Frankfurter Geldhaus mit Kostensenkungen und dem Abbau Tausender Stellen für den Abwehrkampf gegen UniCredit wappnen.
Insgesamt sollen bis zum Jahr 2028 rund 3900 Vollzeitstellen wegfallen, davon 3300 in Deutschland. “Jetzt geht es darum, die Commerzbank auf die nächste Ebene zu heben”, sagte Orlopp am Donnerstag in Frankfurt. Sie setzt auf schlankere Strukturen, effizientere Prozesse und eine stärkere Digitalisierung. Internationale Standorte sowie die polnische Tochter mBank will die Commerzbank stärken, so dass die weltweite Zahl der Vollzeitkräfte mit 36.700 etwa stabil bleibt.
Die italienische Großbank UniCredit war im September mit neun Prozent bei der Commerzbank eingestiegen und hat sich über Derivate inzwischen Zugriff auf 28 Prozent der Anteile gesichert. UniCredit-Chef Andrea Orcel wirbt für eine komplette Übernahme der Commerzbank, doch die beharrt auf ihrer Eigenständigkeit und wertet das Vorgehen des Mailänder Instituts als feindlich. Orlopp will mit ihrer Strategie Investoren überzeugen, dass die Commerzbank langfristig als eigenständiges Institut bestehen kann. Sie erhofft sich insgesamt jährliche Einsparungen von rund 500 Millionen Euro.
Bei Anlegern kam der Plan gut an: Commerzbank-Aktien stiegen am Vormittag rund zwei Prozent. Die Analysten der Deutschen Bank sprachen von einem “zuversichtlichen Ausblick für 2025 und darüber hinaus”.
“SO ETWAS SCHMERZT”
Von dem Abbau in Deutschland sind vor allem Zentral- und Stabsfunktionen sowie Stellen im Backoffice betroffen. Das trifft insbesondere den Standort Frankfurt. In Deutschland beschäftigt die Commerzbank rund 20.000 Vollzeitkräfte. “So etwas schmerzt immer, niemand macht das gern. Aber wir wissen, dass es notwendig ist, um unsere Wettbewerbsfähigkeit weiter zu stärken”, sagte Orlopp der “Bild”-Zeitung. Man setze auf sozialverträgliche Lösungen, etwa ein vorgezogenes Altersteilzeitprogramm. Die Eckpunkte wurden mit den Arbeitnehmervertretern bereits abgestimmt.
Rückendeckung kommt von der Gewerkschaft Verdi: “Wir unterstützen die konsequente Ausrichtung der Commerzbank mit dem Ziel der Eigenständigkeit ausdrücklich. Wir sind weiterhin der Überzeugung, dass die Abwehr des feindlichen Übernahmeversuchs durch die UniCredit die beste Option für sichere und gute Arbeitsbedingungen in der Commerzbank ist”, erklärte Kevin Voß, Verdi-Unternehmensbetreuer für das Geldhaus. “Für uns ist dabei der wichtigste Grundsatz: Niemand wird gegen seinen Willen den Arbeitsplatz in der Bank verlieren.”
Das neue Strategieprogramm “Momentum” folgt auf ein Rekordergebnis von rund 2,7 Milliarden Euro im vergangenen Jahr, das schon Ende Januar bekanntgegeben wurde. Nun hat sich die Bank ehrgeizige Finanzziele bis 2028 gesetzt: Die Cost-Income-Ratio soll sich auf rund 50 (2024: 59) Prozent verbessern, der Provisionsüberschuss durchschnittlich um gut sieben Prozent steigen. Wachstumstreiber bleiben das Asset- und Wealth-Management, die mBank und das Mittelstandsgeschäft, in dem Deutschlands zweitgrößte Privatbank ihre Marktführerschaft ausbauen will. Auch kleinere Übernahmen sind geplant.
Das Nettoergebnis soll um mehr als die Hälfte auf 4,2 Milliarden Euro klettern und die Eigenkapitalrendite 15 (2024: 9,2) Prozent erreichen. “Wachsende Erträge, strikte Kostendisziplin und eine dynamische Kapitalrückgabe sind die Grundlage für eine verlässlich steigende Profitabilität”, erklärte der designierte Finanzvorstand Carsten Schmitt. Bis 2028 wird eine Ausschüttungsquote vor Restrukturierungskosten von 100 Prozent angestrebt.
COMMERZBANK HINKT BEI KENNZAHLEN HINTER UNICREDIT HER
Bereits im vergangenen September – kurze Zeit nachdem UniCredit ihr Interesse offenlegte – hatte die Commerzbank ihre ursprünglichen Finanzziele verschärft. Nun setzt Orlopp noch höhere Ziele: Die Eigenkapitalrendite soll 2027 bei 13,6 Prozent liegen (bisher: 12,3 Prozent), die Cost-Income-Ratio auf 53 Prozent sinken (bisher: 54 Prozent). Das Nettoergebnis soll auf 3,8 statt 3,6 Milliarden Euro steigen. 2024 wird der Gewinn jedoch durch Restrukturierungskosten von 700 Millionen Euro auf 2,4 Milliarden Euro gedrückt.
Doch im Vergleich zu UniCredit bleibt die Commerzbank zurück: Die Italiener erzielten 2024 eine Eigenkapitalrendite von 17,7 Prozent, die bis 2027 über 17 Prozent bleiben soll. Der Nettogewinn soll bis dahin auf rund zehn Milliarden Euro klettern von 9,3 Milliarden im vergangenen Jahr. Auch bei der Kosteneffizienz ist UniCredit weiter: Ihre Cost-Income-Ratio lag 2024 bei 37,9 Prozent.
Orcel hatte bei der Vorstellung seiner Jahresbilanz am Dienstag erklärt, dass UniCredit vor weiteren Schritten – etwa einem Übernahmeangebot – erst Gespräche mit der neuen Bundesregierung abwarten wolle. Dies könnte sich über drei bis fünf Quartale erstrecken. “Die Entscheidung ob und wann wir ein Angebot abgeben, liegt vollständig bei uns”, machte Orcel deutlich. Bisher liege kein Vorschlag vor, den man bewerten könne, sagte Commerzbank-Chefin Orlopp am Donnerstag. Für informelle Gespräche mit der UniCredit sei der Zug abgefahren. “Wir treffen natürlich die UniCredit zu Investorengesprächen, sie sind ein wichtiger Shareholder für uns.” Die Bank sei aber auch ein Wettbewerber.
(Mitarbeit von Frank Siebelt. Redigiert von Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)