Neuer Konzernchef leitet bei Nestle Wachstumswende ein

Zürich (Reuters) – Nach der schwächsten Umsatzentwicklung seit Jahrzehnten will der Nahrungsmittelriese Nestle den Vorwärtsgang einlegen.

“Wir fahren unsere Investitionen hoch, um das Wachstum zu beschleunigen und unsere Marktanteile zu erhöhen”, erklärte der neue Konzernchef Laurent Freixe am Donnerstag. “Es wird eine Weile dauern, bis wir auf Hochtouren laufen, aber die Dinge ändern sich und sie ändern sich schnell.” Obwohl der Gewinn 2024 um 2,9 Prozent auf 10,9 Milliarden Franken schrumpfte, will der Hersteller von Nespresso, Maggi und KitKat die Dividende erneut anheben. Die Anleger reagierten erfreut, die Aktie kletterte um sechs Prozent. Der Abschluss 2024 markiere einen Neuanfang, erklärte Vontobel-Analyst Jean-Philippe Bertschy.

Im vergangenen Jahr sank der Umsatz um 1,8 Prozent auf 91,4 Milliarden Franken. Bereinigt um Wechselkurseinflüsse und Verkäufe von Geschäftsbereichen ergab sich zwar ein Plus von 2,2 Prozent. Damit markierte das Schweizer Unternehmen aber den tiefsten Wert seit mindestens 25 Jahren. 2023 waren es noch 7,2 Prozent gewesen.

Wie andere Konsumgüterhersteller drehte der Konzern aus Vevey am Genfersee jahrelang an der Preisschraube, um Mehrkosten für Rohstoffe an die Verbraucher weiterzureichen. Im ersten Halbjahr 2024 ging Nestle aber vom Gas, um die Kunden bei der Stange zu halten. Denn Verbraucher leiden unter höheren Wohnkosten und steigenden Preisen für Dinge des täglichen Bedarfs und setzen deshalb vermehrt auf günstige Eigenmarken der Einzelhändler oder kaufen beim Discounter. Nestle reagierte aber zögerlicher als Rivalen wie Unilever und Danone und bezahlte dies nun mit niedrigeren Wachstumsraten.

ZUSÄTZLICHE KOSTENSENKUNGEN ANGEPEILT

Freixe wurde im August auf den Schild gehoben, nachdem sein Vorgänger Mark Schneider die Ziele verfehlt und an Rückhalt bei Investoren und den 277.000 Mitarbeitern verloren hatte. “Wir haben einen klaren Aktionsplan, um unsere Leistung zu beschleunigen und uns für die Zukunft aufzustellen”, erklärte Freixe nun. Die Ankurbelung des Wachstums stehe dabei an vorderster Stelle seiner im November vorgestellten Pläne. Um den Appetit der Verbraucher nach Nestle-Produkten anzuregen, will das Traditionsunternehmen die Werbe- und Marketingausgaben bis Ende 2025 auf neun Prozent des Umsatzes von zuletzt acht Prozent hochschrauben. Diese Ausgaben sollen mit Einsparungen finanziert werden. Über das bereits laufende Sparprogramm im Volumen von rund einer Milliarde Franken hat sich Nestle bis Ende 2027 mindestens 2,5 Milliarden Franken an zusätzlichen Kostensenkungen vorgenommen. Für 2025 habe der Konzern bereits Einsparungen von über 300 Millionen Franken sichergestellt.

“Laurent Freixe macht genau, was wir uns erhofft hatten”, erklärte Simon Jäger, Portfolio Manager des Nestle-Großanlegers Flossbach von Storch. Er lege den Schwerpunkt auf die Umsetzung und könne bereits erste Ergebnisse der Kostensenkungsbemühungen präsentieren. Freixe setze auf die großen Marken und packe leistungsschwache Bereiche an. Als Reaktion auf die Zukäufe und die Bilanzausweitung unter Schneider hatte Flossbach von Storch den Anteil Nestles an seinem 35 Milliarden-Euro-Flaggschiff-Fonds auf etwas über zwei Prozent gesenkt. Vor Jahren waren es noch über sieben Prozent gewesen. “Man sieht auch schon, dass sich das Volumenwachstum leicht beschleunigt”, erklärte Jäger nun. Das Wachstum komme von den Schlüsselbereichen Kaffee, Süßwaren und Produkte für Heimtiere. “Das geht alles in die richtige Richtung.” Er hoffe, dass Nestle das Wachstum noch ein bisschen beschleunigen könne.

Nestle bestätigte den Ausblick für das laufende Jahr. So peilt der Konzern ein anziehendes organisches Wachstum und eine bereinigte operative Gewinnmarge von mindestens 16,0 Prozent an. Im vergangenen Jahr lag dieser Wert bei 17,2 Prozent. Obwohl die Preise für zwei der wichtigsten Rohstoffe von Nestle, Kaffee und Kakao, auf Rekordniveau geklettert sind, will Nestle nur einen Teil der Kostensteigerungen an die Verbraucher weiterreichen.

(Bericht von Oliver Hirt und Richa Naidu, redigiert von Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

tagreuters.com2025binary_LYNXMPEL1C09G-VIEWIMAGE