Siemens hofft auf Aufschwung in Deutschland und China

– von Alexander Hübner

München (Reuters) – Siemens-Vorstandschef Roland Busch hofft nach einem Regierungswechsel in Berlin auf ein Ende der Konjunkturflaute in Deutschland und sieht in China Licht am Ende des Tunnels.

Die für den Münchner Technologiekonzern wichtigste Region Europa sei nicht in Schwung gekommen, und Deutschland sei noch im Krisenmodus, sagte Busch am Donnerstag vor der virtuellen Hauptversammlung. “Hier warten Wirtschaft und Gesellschaft dringend auf klare Impulse und Handlungen einer neuen Regierung.”

In China zogen die Auftragseingänge dagegen wieder an. Die Kunden dort dürften ihre Lagerbestände bis Ende März abgebaut haben, sagte Finanzvorstand Ralf Thomas. Von US-Zöllen könnte Siemens unter Umständen sogar profitieren.

“Unsere strategisch gute Position in attraktiven Märkten ist ein solides Fundament, um die anhaltenden makroökonomischen Unsicherheiten zu meistern”, sagte der Siemens-Chef. “Auch wenn derzeit politisch motivierte Zölle und mögliche Gegenmaßnahmen im Raum stehen.” Lokale Fertigung in vielen Ländern puffere den Effekt ab.

In Deutschland wanderten Unternehmen – auch wegen der hohen Energiekosten – ab, sagte Busch. Die Zölle könnten sie in die USA treiben. “Dort wird ihnen der rote Teppich ausgerollt.” Doch auch dort fehlten ausgebildete Kräfte, weshalb die Fabriken möglichst stark automatisiert würden – mit Siemens-Technik. Finanzchef Thomas ergänzte, Siemens habe in den USA zuletzt mehr als ein Viertel des Umsatzes erwirtschaftet und beschäftige dort 48.000 Mitarbeiter in 28 Fabriken.

Im ersten Geschäftsquartal 2024/25 (Oktober bis Dezember) schlug sich die schwache Konjunktur in sinkenden Aufträgen und Gewinnen in den Büchern nieder. Kaschiert wurde das vom Verkauf der Antriebstochter Innomotics, der 2,1 Milliarden Euro Gewinn brachte und das Ergebnis nach Steuern um 52 Prozent auf 3,9 Milliarden Euro unerwartet stark nach oben trieb. Das Ergebnis aus dem industriellen Geschäft ging um acht Prozent auf 2,5 Milliarden Euro zurück, fiel damit aber ebenfalls besser aus als von Analysten erwartet.

HOFFNUNG AUF BESSERUNG BEI DIGITAL INDUSTRIES

Der Rückgang ging auf das Konto der Automatisierungssparte Digital Industries (DI), wo der Gewinn um ein Drittel einbrach und der Umsatz um elf Prozent zurückging. Dort schwächelt vor allem die klassische Fabrikautomatisierung. Das Softwaregeschäft legte dagegen kräftig zu. Das Minus machte Siemens durch die Gebäude- und Infrastrukturtechnik-Sparte Smart Infrastructure zum Teil wett, die vom Bau-Boom bei Rechenzentren profitierte. Sie zog beim Gewinn und der Umsatzrendite am Aushängeschild DI vorbei. Die Nachfrage bei DI werde sich erst im zweiten Halbjahr aufhellen, sagte Thomas. Immerhin seien die Aufträge in der Sparte erstmals seit zwei Jahren wieder höher gewesen als der Umsatz, betonte Vorstandschef Busch. 

Im Konzern stieg der Umsatz im Quartal um drei Prozent auf 18,4 Milliarden Euro. Der Auftragseingang sank mangels weiterer Großaufträge für Züge um acht Prozent auf 20,1 Milliarden. In Europa brach der Auftragseingang um fast ein Viertel ein. Der Umsatz trat auf der Stelle. In China zeigten die Orders wieder leicht nach oben, während der Umsatz noch um 14 Prozent hinter dem Vorjahr herhinkte. Siemens sitzt inzwischen auf einem Rekord-Auftragsbestand von 118 Milliarden Euro.

Finanzvorstand Thomas sprach von einer “hervorragenden Basis für ein erfolgreiches Geschäftsjahr”. Die besser als erwartet ausgefallenen Zahlen und der zunehmende Optimismus steckten die Börsianer an. Die Siemens-Aktie stieg am Morgen in der Spitze um 7,3 Prozent auf ein Rekordhoch von 227,50 Euro.

An den Prognosen für 2024/25 (per Ende September) hält Siemens fest: einer Umsatzsteigerung um drei bis sieben Prozent und einem bereinigten Ergebnis je Aktie von 10,40 bis 11,00 Euro. In den ersten drei Monaten lag das bereinigte Ergebnis je Aktie ohne den Innomotics-Effekt mit 2,22 (3,19) Euro deutlich unter dem Vorjahresniveau. Innomotics war im Oktober für 3,1 Milliarden Euro an den Finanzinvestor KPS Capital Partners verkauft worden.

Auf der virtuellen Hauptversammlung steht die Wiederwahl von Aufsichtsratschef Jim Hagemann Snabe für zwei Jahre an. Große Investoren haben ihre Zustimmung dazu signalisiert, obwohl Snabe seit bald zwölf Jahren dem Aufsichtsrat angehört. Sein designierter Nachfolger, der ehemalige Nestlé-Chef Mark Schneider, soll in das Gremium gewählt werden.

(Bericht von Alexander Hübner, redigiert von Sabine Wollrab und Thomas Seythal)

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