Frankfurt (Reuters) – Nach der zuletzt rasanten Rekordjagd am deutschen Aktienmarkt haben es die Anleger zum Wochenschluss ruhiger angehen lassen.
Der Dax notierte mit 22.507 Zählern zeitweise 0,5 Prozent im Minus. Am Dienstag war der Leitindex erstmals in seiner Geschichte über die 22.000-Punkte-Marke gesprungen, auf Wochensicht gewann er mehr als drei Prozent. Zuletzt hatten Hoffnungen auf einen baldigen Frieden in der Ukraine den Markt beflügelt. Ob der Optimismus diesbezüglich berechtigt sei, werde sich noch zeigen müssen, resümierten die Analysten der Helaba. Der EuroStoxx50 notierte am Freitag knapp im Plus.
US-Vizepräsident JD Vance dürfte den Ukraine-Russland-Konflikt bei der bis Sonntag laufenden Münchner Sicherheitskonferenz thematisieren und womöglich darüber sprechen, wie eine Verhandlungslösung erreicht werden kann. US-Präsident Donald Trump hatte in einem Telefonat mit Russlands Präsident Wladimir Putin vereinbart, umgehend Gespräche beider Länder zur Beendigung des Krieges aufzunehmen. Laut Analyst Jürgen Molnar vom Broker RoboMarkets sind die Anleger an der Börse derzeit hin- und hergerissen zwischen der Hoffnung auf einen Waffenstillstand in der Ukraine und der Sorge vor einer weiteren Eskalation der ohnehin angespannten Beziehungen zwischen der neuen Regierung in Washington und der EU – nicht nur in der Handelspolitik. Hier bestehe also einiges Potenzial für Turbulenzen am Aktienmarkt, prognostizierte der Experte.
KOMMEN DIE ZÖLLE ODER KOMMEN SIE NICHT?
Für Verunsicherung sorgten zum Wochenschluss einmal mehr Trumps Zollpläne. Der Republikaner hatte am Donnerstag eine Anordnung für wechselseitige Zölle auf Waren aus diversen Ländern unterzeichnet. Die Gegenzölle bedeuten, dass die USA dort Zölle anheben, wo sie derzeit weniger fordern als ihre Handelspartner. Unklar blieb zunächst, wann die Zölle in Kraft treten. Bis zum 1. April sollen noch Untersuchungen zu diesem Thema laufen. Die US-Währung reagierte mit Verlusten auf den ungewissen Handelskurs des Republikaners. Der Dollar-Index gab in der Spitze 0,4 Prozent auf 106,83 Punkte nach und fiel damit auf den tiefsten Stand seit knapp zwei Monaten. Der Euro trat mit 1,0468 Dollar auf der Stelle.
Unter den Einzelwerten gab die Verzögerung bei den Zöllen den Autowerten Auftrieb. Volkswagen, BMW und Mercedes-Benz rückten zeitweise zwischen 1,9 und 0,5 Prozent vor. Bis zu einem möglichen Inkrafttreten gebe es noch viel Verhandlungszeit, sagte ein Börsianer. Auch am Rohstoffmarkt hofften Investoren, dass ein Handelskrieg mit den USA letztlich doch noch vermieden werden kann. Das Industriemetall Kupfer verteuerte sich zeitweise um 1,7 Prozent auf 9648 Dollar je Tonne und kostete damit so viel wie seit drei Monaten nicht mehr. Die Preise für das Nordseeöl Brent und das US-Öl WTI zogen um 0,6 Prozent auf 75,46 Dollar beziehungsweise 71,74 Dollar je Barrel an.
AUTO- UND RÜSTUNGSWERTE LEGEN ZU
Neben den Autowerten machten auch die Rüstungswerte von sich Reden. Die Aktien von Rheinmetall stiegen um 6,5 Prozent auf ein Rekordhoch von 806 Euro und waren damit stärkster Wert im Dax. Die Analysten der HSBC setzten das Kursziel der Titel auf 1000 von zuvor 700 Euro. Im MDax legten Hensoldt in der Spitze um zwölf Prozent auf ein Zehn-Monats-Hoch von 40,80 Euro zu. Schon am Donnerstag hatten Schnäppchenjäger den Sektor ins Plus gehievt. Die Hoffnung auf einen baldigen Frieden in der Ukraine hatte die Branche zeitweise unter Druck gesetzt.
Auf der der Verliererseite stachen Fresenius Medical Care heraus, die zeitweise knapp sieben Prozent nachgaben. Laut Börsianern belasteten die mit Enttäuschung aufgenommenen Geschäftszahlen des US-Dialyseunternehmens DaVita die Titel. Bergab ging es auch für die Aktien des Mobilfunkers 1&1 und dessen Mutterkonzern United Internet. Wegen einer Kündigungswelle und höherer Kosten seien die Ergebnisse für 2024 hinter den Erwartungen zurückgeblieben, teilten die beiden Unternehmen mit. Im MDax lagen United Internet mehr als acht Prozent im Minus, 1&1 notierten im SDax sechs Prozent niedriger.
Europaweit gefragt waren dagegen die Luxuswerte, nachdem ein überraschend deutlicher Umsatzanstieg bei Hermes die Stimmung in der Branche aufgehellt hat. Hermes legten in der Spitze um fünf Prozent zu. Burberry, Richemont, LVMH und Kering notierten zeitweise jeweils mehr als zwei Prozent fester.
(Bericht von: Daniela Pegna, redigiert von Sabine Ehrhardt. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)