Trump droht mit Autozöllen – Bundesgierung und Industrie alarmiert

– von Christian Krämer und Christina Amann und Andrea Shalal

Berlin/Palm Beach (Reuters) – Die Bundesregierung und die deutsche Industrie warnen eindringlich vor einem Handelskrieg, sollte US-Präsident Donald Trump zusätzliche Zölle auf europäische Autos verhängen.

“Wir müssen eine Zollspirale verhindern”, sagte Vize-Kanzler Robert Habeck auf Anfrage der Nachrichtenagentur Reuters. EU-Handelskommissar Maros Sefcovic wollte das Thema am Mittwoch in Washington mit der neuen US-Regierung erörtern. Die Industrie hofft, dass die Drohungen Trumps noch abgewendet werden können. Der Automobilverband VDA sprach von einer Provokation.

Trump droht ab April mit Zöllen von rund 25 Prozent auf importierte Autos, zudem ähnliche Maßnahmen in der Chip- und Pharmabranche. Der Republikaner sieht die USA im Handel mit anderen Ländern benachteiligt. Auf Pkw-Importe aus der EU haben die USA bisher einen Zoll von 2,5 Prozent, während der EU-Satz bei zehn Prozent liegt.

“Zölle helfen am Ende niemanden und treffen die deutsche Wirtschaft – die Stahl- und Aluminiumindustrie oder wie jetzt in den Raum gestellt die Automobilindustrie oder Pharmaindustrie”, so Grünen-Kanzlerkandidat Habeck. Dies seien alles exportstarke Branchen. “Wir müssen hier mit geradem Rücken mit den USA verhandeln. Wenn es nicht gelingt, die Zölle durch Verhandlungen abzuwenden, dann ist die EU vorbereitet und wir werden reagieren. Die EU wird sich nicht rumschubsen lassen.”

VOLLBREMSUNG BEFÜRCHTET

Eine solche Spirale mit Zöllen und Gegenzöllen fürchtet die Wirtschaft. Für die Autobranche wären neue Zölle gleichbedeutend mit einer Vollbremsung in einer ohnehin schon schwierigen Lage, sagte der Außenwirtschaftschef der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Volker Treier, zu Reuters. “Unsere Automobilindustrie, die weltweit für Qualität und Innovation steht, würde dadurch in unserem wichtigsten Exportmarkt massiv an Wettbewerbsfähigkeit verlieren.” Deutsche Produkte würden in den USA teurer, Marktanteile könnten verloren gehen und weitere Produktionsverlagerungen in die USA anstehen. “Nicht nur der Wirtschaftsstandort Deutschland, sondern auch Tausende Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel.”

Die USA sind Treier zufolge wichtigster Absatzmarkt für Kraftfahrzeuge: 13 Prozent aller deutschen Kfz-Exporte gehen dorthin – mehr als in jedes andere Land. Gleichzeitig machen Kraftfahrzeuge und -teile mit gut 22 Prozent auch den größten Anteil an deutschen Industriegütern in die USA aus.

“Die aktuell von Präsident Trump erwähnte Zollhöhe von 25 Prozent ist eine Provokation”, sagte VDA-Präsidentin Hildegard Müller. Sie würde Wachstum und Wohlstand auf beiden Seiten des Atlantiks kosten. “Statt Inflation zu bekämpfen, wie versprochen, heizt Trump die Inflation in den USA an.” Die EU solle aber auf die USA zugehen, während die Prüfungen in den USA noch laufen.

BEIM LETZTEN MAL BLIEB ES BEI DER DROHUNG

Um US-Pickups etwa von GM und Ford zu schützen, erheben die USA bei diesen Modellen einen Zoll von 25 Prozent, wenn sie nicht aus Mexiko oder Kanada kommen. Trump will die Gleichgewichte im Handel verschieben. Außerdem hofft er, dass zahlreiche Konzerne künftig verstärkt in den USA produzieren und entsprechend dort Jobs schaffen. Während seiner ersten Amtszeit hatte Trump 2018 und 2019 auch schon mit Autozöllen von 25 Prozent gedroht. Am Ende wurden sie aber nicht in Kraft gesetzt.

In den vergangenen Wochen hatte Trump zunächst China attackiert und zehn Prozent zusätzlich auf alle Importe von dort erhoben. China hat mit Gegenzöllen geantwortet. Androhungen gegen die Nachbarn Mexiko und Kanada wurden nach kurzen Verhandlungen für einen Monat auf Eis gelegt, um Zeit für weitere Gespräche zu haben. Beobachter sehen darin ein typisches Muster von Trump, um in Verhandlungen einen Vorteil für die USA herauszuschlagen. Der deutsche Industrieverband BDI betonte, die EU sollte jetzt deeskalierend vorgehen und den USA Angebote machen. Ziel müssten dauerhafte Lösungen sein.

Audi-Chef Gernot Döllner sagte Reuters, Zölle seien auf jeden Fall der falsche Weg. Audi verfolge aber eine langfristige Strategie, die sich am Markt orientiere und nicht kurzfristigen Veränderungen. Volkswagen teilte mit, die Entwicklung in Nordamerika sehr genau zu beobachten.

Die deutsche Pharmaindustrie warnte vor erheblichen Folgen neuer Zölle – “auch für die Versorgung der Patientinnen und Patienten”. Die USA seien der wichtigste Absatzmarkt für die deutsche Pharmaindustrie, ein Viertel der Branchenexporte gehe dorthin, so der Verband der forschenden Pharmaunternehmen in Deutschland.

(Weitere Reporter: Philipp Krach und Victoria Waldersee. Redigiert von Ralf Bode, Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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