Mercedes spart gegen die Krise – Hoffnung auf Modelle

– von Ilona Wissenbach

Sindelfingen (Reuters) – Der Autobauer Mercedes-Benz will mit Einsparungen und neuen Modellen den rasanten Gewinnschwund stoppen.

Nach einem Einbruch des Betriebsergebnisses um 31 Prozent im vergangenen Jahr erwartet der Dax-Konzern für 2025 erneut einen deutlichen Rückgang um mehr als 15 Prozent. Das Marktumfeld bleibt schwierig mit schwacher Nachfrage, hitzigem Konkurrenzkampf in China und drohenden US-Einfuhrzöllen. Mercedes bringt außerdem auch in diesem Jahr nur wenige neue Modelle auf den Markt und investiert viel in ein “Produktfeuerwerk” ab 2026. Um wieder zweistellige Umsatzrenditen zu erreichen, sollen bis 2027 fünf Milliarden Euro Kosten eingespart werden. Weltweit will Mercedes-Chef Ola Källenius die Produktionskapazität von 2,5 auf 2,0 bis 2,2 Millionen Pkw senken. “Wenn die Welt sich ändert, kannst du nicht so stur sein und dich nicht anpassen”, sagte Källenius am Donnerstag in Sindelfingen. Mercedes müsse “schneller, schlanker und stärker” werden.

Allein in der Produktion sollen die Kosten bis 2027 um zehn Prozent sinken. Die Einschnitte treffen auch die Belegschaft. Personal wird über Fluktuation oder Abfindungsprogramme abgebaut. Wieviele der 175.000 Beschäftigten weltweit, davon 115.000 in Deutschland, das betrifft, wollte Källenius nicht sagen. “Wir machen das nicht mit dem Rasenmäher”, betonte er, “wir wollen das auch dieses Mal verantwortlich tun.” Nach Medienberichten fallen mindestens 10.000 Stellen weg.

“Wir haben nicht die Absicht, ein Werk in Deutschland zu schließen”, sagte Finanzchef Harald Wilhelm. In den nächsten drei Jahren werde die Produktionskapazität hierzulande aber um 100.000 Einheiten auf 900.000 in den Werken Sindelfingen, Bremen und Rastatt reduziert. Der Standort Kecskemet in Ungarn soll hingegen wachsen. Die Kosten seien dort 70 Prozent niedriger als in Deutschland, rechnet Wilhelm vor. Der Produktionsanteil in Ländern mit niedrigen Kosten werde auf 30 Prozent verdoppelt. Aber auch in China, ebenfalls ein billiger Standort, wird es Kosten- und Kapazitätssenkungen geben. “Wir müssen die Kapazität an die Marktsituation anpassen, die sich dramatisch geändert hat”, sagte Wilhelm. “Der Wettbewerb ist deutlich hitziger.”

MERCEDES BLEIBT AUF LUXUSKURS

Ein Absatzrückgang am wichtigsten Markt China und die Schwäche in Europa brockten dem Dax-Konzern im vergangenen Jahr einen Gewinneinbruch um 31 Prozent auf 13,6 Milliarden Euro ein. Die bereinigte Umsatzrendite in der Hauptsparte Pkw sackte bei 40 Prozent weniger Gewinn um 4,5 Prozentpunkte auf 8,1 Prozent ab. Auch das kleinere Geschäftsfeld Vans verdiente weniger. Das Ergebnis liegt insgesamt im Rahmen der Prognose, die der Dax-Konzern im vergangenen Jahr zwei Mal senken musste. Der Ausblick auf 2025 lässt aber kaum Besserung erwarten. Die Mercedes-Aktie verlor in der Spitze mehr als drei Prozent, am Nachmittag notierte sie noch 1,5 Prozent im Minus.

Absatz und Umsatz sollen in diesem Jahr abermals leicht unter Vorjahr liegen. Im vergangenen Jahr sank der Erlös des Konzerns um 4,5 auf 145,6 Milliarden Euro, der Pkw-Absatz schrumpfte um drei Prozent auf 1,98 Millionen Fahrzeuge. Auch in den kommenden Jahren erwartet Källenius eine Stagnation um zwei Millionen Pkw – das sei eine vernünftige Größenordnung. Mercedes brachte weniger hochprofitable Luxuswagen an die Kunden und musste Zugeständnisse bei den Preisen machen, nachdem sie in den Jahren zuvor stark gestiegen waren – seit 2019 um 40 Prozent auf durchschnittlich 71.000 Euro.

Die vor drei Jahren ausgerufene Luxusstrategie wird zwar nicht mehr so genannt, die Marke mit dem Stern soll aber im entsprechenden Preissegment rangieren. “Wir bleiben weitgehend auf Kurs”, sagte Källenius. Es gelte weiterhin das Motto “value over volume” – also lieber auf Absatzwachstum verzichten, um den Gewinn zu steigern. Die Margenziele senkte das Management jedoch deutlich ab. Bei Pkw stellte Wilhelm für dieses Jahr sechs bis acht Prozent bereinigte Umsatzrendite in Aussicht. Ab 2027 sollen es wieder mehr als zehn Prozent sein. Beflügelt von Luxusideen traute sich Mercedes bislang bis zu 14 Prozent zu, erreichte das aber nur 2022 – einem von knappem Angebot bestimmten Ausnahmejahr.

DIVIDENDE SOLL SINKEN

Unter dem Strich verdiente Mercedes mit 10,4 Milliarden Euro 28 Prozent weniger als im Vorjahr. Die Dividende soll daher um einen Euro auf 4,30 Euro gesenkt werden. Zugleich kündigte der Dax-Konzern ein weiteres Aktienrückkaufprogramm im Volumen von fünf Milliarden Euro an. In Paris präsentierte der Autobauer Renault ebenfalls seine Jahresbilanz, der mehr auf Volumenmodelle gepolt ist, aber dank der Beliebtheit seines kompakten Elektroautos R5 und einer Reihe neuer Hybridmodelle den Gewinn im abgelaufenen Jahr um 3,5 Prozent steigerte. Auch mit einem Umsatzwachstum von 7,4 Prozent auf 56,2 Milliarden Euro setzte sich Renault von der Branchenmisere ab.

Die Aussichten auf 2025 sind nicht nur wegen der schwachen Autokonjunktur trüb, die Marke mit dem Stern bringt auch nur wenige neue Modelle heraus. So soll das kompakte Elektroauto CLA mit langer Reichweite, schnellem Laden und neuen digitalen Funktionen punkten. Den Schwaben ging beim Hochlauf mit Elektroautos zuletzt die Puste aus, da unter anderem die Luxuslimousine EQS schlecht ankam. Die Lehre daraus ist, das Design der E-Autos wieder mit dem aus der Verbrennerwelt gewohnten in Einklang zu bringen. Bis Ende 2027 sind insgesamt 37 neue und erneuerte Modelle geplant, davon mehr als die Hälfte mit Verbrennungsmotor. Denn auch an den langsameren Hochlauf von E-Autos weltweit müsse man sich anpassen, erklärte Källenius.

(Redigiert von Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an die Redaktionsleitung unter frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com)

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